Allgemein

Innovationschefin

Claudia Pletscher (*1974) ist Leiterin Entwicklung und Innovation bei der Schweizerischen Post.

Frau Pletscher, wie wird man Innovationschefin bei der Post?

Da gibt es wie fast bei allem im Leben verschiedene Wege. Mein Weg war eine Mischung aus Jura- Abschluss, später dann MBA, internationaler Management-Erfahrung und langjähriger Technologienähe. Geprägt haben mich Kundenprojekte aus aller Welt, bei denen der Nutzen, Trends und neue Technologien stets an vorderster Front standen. All dies hat mir eine gute Basis mitgegeben für den Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen. Der Rest ist wohl die Passion für das Zusammenspiel der richtigen Leute an den richtigen Themen – denn Innovation ist selten der Erfolg einer einzelnen Person.

Sie testen gerade ein Drohnenprojekt mit dem Spital Lugano: Die Post-Drohnen transportieren Laborproben zwischen zwei Spitälern. Werden die Drohnen nach der Testphase standardmässig eingesetzt?

In Lugano stehen wir vor der Überführung in den kommerziellen Betrieb. Wir haben seit letztem Jahr über 2’000 erfolgreiche Transporte mit der Drohne im Test durchgeführt.
Weitere Tests wurden diesen Sommer erfolgreich in Zürich und Bern durchgeführt und sind abgeschlossen.

Wie gross ist die Zeitersparnis?

Mit dem Kurier auf der Strasse dauerte die Beförderung in Lugano in Stosszeiten bisher Dreiviertelstunden. Dank des Drohnentransports gelangen die Proben innerhalb von wenigen Minuten zum Labor. Das bedeutet einen grossen Mehrwert für die betroffenen Patienten und die Ärzte.

Die Post ist auch im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) tätig. Was ist das genau?

Künstliche Intelligenz beschäftigt sich mit der Simulation von intelligentem Verhalten durch Algorithmen. Ein solches System hat die Fähigkeit, selbstständig zu lernen, ohne dass ein Mensch eine bestimmte Situation festlegt und ein bestimmtes Verhalten dazu vorgibt oder programmiert. Dazu kommt, dass ein KI-System mit einer gewissen Unsicherheitskomponente umzugehen weiss. In der Post nutzen wir künstliche Intelligenz zum Beispiel im Kundenhelpdesk, wo PostFinance mit einem Chatbot arbeitet. Chatbots sind Dialogsysteme, die das Chatten mit einem technischen System erlauben. KI setzen wir auch im Dokumentenmanagement von SwissPost Solutions ein, wo unsere intelligente Software selber lernt, zwischen unterschiedlichen Dokument-Typen zu unterscheiden. Zum Beispiel ob es sich um einen Vertrag handelt oder um eine Kundenreklamation.

Ich kann seit einiger Zeit online steuern, ob ich Pakete zum Beispiel ins Büro liefern lasse oder lieber bei der Post abhole. Fällt diese Dienstleistung auch in den Bereich Innovation?

Die sogenannte Sendungssteuerung für Pakete ist eine Weiterentwicklung im Kerngeschäft von PostLogisitics, die dank innovativer Technologien möglich wurde. Diese Technologien machen unsere klassischen Dienstleistungen beim Paketversand und -empfang noch attraktiver für unsere Kunden.

Das Internet der Dinge vernetzt physische Gegenstände mit der virtuellen Welt. Wird in Zukunft mein Kühlschrank selbstständig Bestellungen aufgeben? Und was kann das Internet der Dinge sonst noch?

Das Internet der Dinge ist eine sehr wichtige Technologie für die Post. Vor knapp zwei Jahren haben wir die ersten Tests gestartet, inzwischen sind viele unserer Dienstleistungen in der Logistik damit verbunden.

Ein Beispiel ist der kürzlich angekündigte Markttest des «Post Home Button». Das ist ein kleines Gerät mit einem Druckknopf, das drahtlos ein Signal über ein Funknetz an die Post aussendet. Mit einem Druck auf den Knopf und einer Bestellkarte können Privathaushalte Postdienstleistungen nach Hause bestellen. Etwa eine Abholung aus dem Milchkasten oder eine Zahlung an der Haustüre. Wie bei allen Innovationen der Post stehen auch bei IoT-Anwendungen (Internet of Things) der Kundennutzen und die Weiterentwicklung des Kerngeschäfts im Mittelpunkt: Einfachheit für die Kunden und nahtlose Prozessintegration bei der Post – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Dass der Kühlschrank selber bestellen kann, ist technisch schon länger möglich. Die Frage ist jedoch immer, ob eine neue Technologie den Menschen einen Mehrwert bringt oder ein Problem löst. Ist das nicht der Fall, setzt sich eine neue Lösung selten durch – egal welche tolle Technologie dahintersteckt. Bei der Schweizerischen Post stellen wir den Mehrwert einer neuen Lösung stets auf den Prüfstand. Dafür ist das Testen mit Kunden ein ganz zentrales Element auf dem Weg einer Innovation.

Arbeiten Sie im IOT-Bereich mit Partnern zusammen?

Ja, wir arbeiten fast immer mit Partnern zusammen. Wir fokussieren darauf, Technologien, die von anderen entwickelt wurden, auf die Bedürfnisse unserer Kunden masszuschneidern und für Branchenlösungen einzusetzen – und bringen dabei unser Wissen und unsere Erfahrung ein. Dadurch erzielen wir einen optimalen Kundennutzen; gemeinsam mit Partnern sind wir schneller, besser und erst noch günstiger.

Noch eine letzte Frage: Frau Pletscher, welche Innovation – im beruflichen oder persönlichen Bereich – gibt es noch nicht und müsste unbedingt entwickelt werden?

Eine effektive Löschtaste für persönliche Inhalte im Internet.