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Lesbengeschichte

Madeleine Marti (1957), Dr. phil. Germanistin, verfasste 1991 die erste Studie zu Lesben in der deutschsprachigen Literatur seit 1945.

Madeleine Marti, Sie führen gemeinsam mit Corinne Rufli und Natalie Raeber die Plattform lesbengeschichte.ch. Was alles beinhaltet diese?

Madeleine Marti: Die Geschichte von Lesben in der Schweiz liegt uns am Herzen und deshalb forschen wir. Wenn wir unsere Geschichte kennen, gibt uns dies einen Boden für die Gegenwart. Wir präsentieren unser Wissen in verschiedenen Formen:

> Lesbenspaziergänge: Von Frühling bis Herbst spazieren und erzählen wir in Zürich Lesbengeschichte. Bisher zu drei Epochen und Themen: frühe Studentinnen (um 1900); Anfänge der Lesbenbewegung (1930er- und 1970er-Jahre) und Hochblüte der Lesbenkultur (1980er- und 1990er-Jahre).

> L-World Wiki: Hier stellen wir unser Wissen zur Schweizer Lesbengeschichte online und alle können mitschreiben.
> Corinne Rufli macht Lesungen aus ihrem Buch über ältere frauenliebende Frauen.

> Mit dem Sappho-Verein, den wir derzeit wieder beleben, unterstützen wir ideell und materiell Frauen-/Lesbenforschung. Geplant ist zudem eine Gruppe Lesbenarchiv, um historisches Material zu sichern.

Wen sollten unsere Leser_innen unbedingt kennen?

> Meta von Salis, erste Dr. phil. Historikerin der Schweiz
> … und ihre Freundin Hedwig Kym, Dichterin
> Laura / Fredy Thoma und Anna Vock, Mitgründer_innen des lesbischen Damenclub Amicitia (1931) und der Zeitschrift Freundschaftsbanner
> Irène Schweizer, Jazzpianistin
> Corine Mauch, Zürcher Stadtpräsidentin
> Die DJanes über Jahrzehnte: Gabi Mengel, Betty Manz, Maya Vollenweider

Links:

www.lesbengeschichte.ch
www.l-wiki.ch

Die Bundesrätin

Simonetta Sommaruga (*1960) wurde am 22. September 2010 in den Bundesrat gewählt. Seit dem 1. November 2010 ist sie Vorsteherin des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements.

Frau Sommaruga, Sie sind in der Bevölkerung sehr beliebt, gelten als kompetent, integer, menschlich und souverän. Viele Mädchen wollen Ihrem Beispiel folgen. Was sollte eine junge Frau beachten, die ebenfalls Bundesrätin werden will?

Simonetta Sommaruga: Zuallererst muss sie etwas wagen. Wagen, sich zu exponieren, das Wort zu ergreifen, Verantwortung zu übernehmen, Raum einzunehmen und diesen Raum auch zu besetzen.
Das gilt für den Bundesrat und auch sonst immer, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen: Die junge Frau muss sich ein Herz fassen und sich nicht den ganzen Tag fragen, ob sie das überhaupt kann, sondern den Sprung einfach wagen. Dies setzt voraus, dass sie sich für eine Organisation oder eine Partei entscheidet, die ihren Überzeugungen am besten entspricht. Danach kommt die Zeit des Engagements, die Arbeit an den Themen, die sie fesseln, die Zeit auch, besondere Fähigkeiten zu entwickeln.
Ich empfehle zugleich, stets mit offenen Augen und Ohren durchs Leben zu gehen. Denn man lernt viel, wenn man sich für das Leben der Anderen interessiert, eintaucht in die Praxis, in die Arbeitswelt, in ehrenamtliche, politische und kulturelle Tätigkeiten. Mich haben meine Nachtdienste im Frauenhaus Freiburg persönlich und politisch geprägt. Was ich dort gesehen, gehört und erlebt habe, nährt bis heute meine Arbeit.

Und es ist auch spannend, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, sich für etwas einzusetzen, dass nicht für uns selbst, sondern zum Beispiel auch für die nächste Generation Bestand hat und Ungerechtigkeiten beseitigen kann. Das gibt unserem Leben einen Sinn.
Was das Know-how, das taktische Gespür und all das betrifft, das es zu beachten gilt – das lernt man „on the job“, mit den Erfahrungen, den Debatten, den Begegnungen, den Kämpfen und den Kampagnen.

Also nur Mut, wagt es!

Welche bemerkenswerten Frauen sollten unsere Leserinnen kennen?

Simonetta Sommaruga: Da gibt es so viele. Etwa Emilie Lieberherr: Sie war 1969 beim «Marsch auf Bern» dabei, hat sich an vorderster Front für das Stimm- und Wahlrecht der Frauen engagiert. Fast 50 Jahre sind seither vergangen, etliche Forderungen der Frauenbewegung sind noch nicht erfüllt. Erinnern wir uns deshalb daran, was Emilie Lieberherr erreicht hat – weil sie sich mit anderen Frauen verbündet und nicht aufgegeben hat.
Ich denke, die Welt ist voll von Frauen, die jeden Tag aufs Neue beweisen, dass sie eigentliche Alltagsheldinnen sind. Wir müssen nur die Augen öffnen. Hier in der Schweiz gibt es viele Frauen, die täglich einen sehr schwierigen Balanceakt vollbringen: Sie kümmern sich einerseits um ihre Kinder und engagieren sich andererseits mit ebenso viel Energie in ihrem Beruf, in der Politik, in einem Sportverein oder leisten Freiwilligenarbeit.
Oder all jene Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschenhandel sind und versuchen, sich aus dieser unerträglichen Situation zu befreien und ein neues Leben zu beginnen.
Und die Frauen auf der Flucht, die ich getroffen habe: Sie sind allein mit ihren Kindern und haben oft Furchtbares erlebt. Dennoch geben sie nicht auf.

Foto: EJPD, Sebastian Magnani

> Simonetta Sommaruga, EJPD

> Emilie Lieberherr, Eidg. Büro für die Gleichstellung von Mann und Frau

Lawinenhunde erziehen

Renate Oertig (*1972) hat mit dem siebenjährigen Labrador Dash die Lawinenhunde-Schweizermeisterschaft 2018 gewonnen.

Frau Oertig, wie haben Sie zum Lawinenhundesport gefunden?

Renate Oertig: Als Dash als kleiner Hund zu uns kam, beschäftigte ich mich automatisch mit dem Thema Hundeerziehung. Zuerst ging ich in den Hundesportverein bei mit in der Nähe, wo ich einen Augenschein bekam, was man einem Hund beibringen kann, auch in hundesportlicher Sicht. Anfangs muss man ein wenig hineinkommen und absolviert erst einmal die erste Prüfung für Begleithunde. Dann geht das sukzessive weiter. Jede Prüfung hat drei Stufen, auch beim Lawinele. Besteht man die Prüfung, trainiert man weiter und probiert das Beste herauszuholen. Irgendwann ist man auf Stufe drei. Für die Dreiergruppe gibt es Schweizer Meisterschaften – auch für Begleithunde nicht nur im Lawinele. So zum Beispiel auch für Sanitätshunde.

Wie ich dazu kam? Auf Empfehlung einer Kollegin. Sie sagte: «Du, dort bei diesem Verein kannst du hineinschnuppern». Und ich dachte: «Ja, moll, das wäre noch etwas», und blieb hangen. Bei solchen Sportarten kommt es auch auf die Kollegschaft an. Es ist nichts, was jemand alleine machen und üben kann, sondern man ist auf die anderen angewiesen. Da sollte man kompatibel sein und man muss es mögen, zusammen mit anderen etwas auf die Beine zu stellen.

Ich habe den Plausch mit dem Hund zu trainieren und der Hund hat auch Spass dran. Ich denke, für Hunde ist es sehr wichtig, dass man sich mit ihnen beschäftigt.

Fotos: Franziska Hidber, Siberfeder

 

Weiterführende Links:

www.hundesporttoggenburg.ch
www.tkgs.ch

Ein engagiertes Leben

Therese Frösch (*1951), frühere Politikerin in zahlreichen Funktionen und Ämter. Seit 2014 Co-Präsidentin der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS)

Frau Frösch, Sie waren Ihr ganzes Leben lang politisch tätig. Wenn Sie nun zurückschauen: Was war gut, was weniger gut?

Therese Frösch: Als Aktivistin in Frauen-, Umwelt-, Friedens- und Gewerkschaftsbewegungen fühlte ich mich in den 70er-/80er-Jahren sehr wohl. Es war immer etwas los. Ich lernte von der Pike auf die politische Aufbau- und Vernetzungsarbeit. Wir konnten etwas bewegen (Mutterschaftsschutz, Verhinderung Kaiseraugst etc.). Es gab Feste und bunte, grosse Demos (Walddemo, Friedensdemo, Stopp the Army, etc.). Das war gut. Danach überlegten wir uns (ich mir) den Gang in die Institutionen, weil die ausserparlamentarische Opposition allein nicht reicht für notwendige Veränderungen. Es braucht die beiden Beine: zivilgesellschaftliche Bewegungen und Regierungs- und Parlamentsarbeit. Im Dezember 1992 wurde ich in die Stadtberner Regierung gewählt, wo ich die Finanzen übernahm. Es wurden zwölf wichtige und erfolgreiche Jahre, vor allem, weil Rot-Grün-Mitte in Bern die Mehrheiten in Regierung und Parlament stellte. Die Konjunktur war schwach, aber wir konnten doch einiges bewirken. Danach folgten acht Jahre Nationalrat. Das war weniger mein Ding. Ich war geprägt durch die Gestaltungsmöglichkeiten in Bewegungen und Regierung. Ein Highlight gab es 2007, als die Grünen massiv zulegten und neu zwei Ständeräte stellten. Alles in allem aber lag mir der Nationalrat weniger als das, was vorher war.

Welche bemerkenswerten Frauen in der Schweiz sollten unsere Leserinnen kennen?

Therese Frösch: Ruth Dreifuss, Claudia Kaufmann, Regula Rytz, Joy Matter, Simonetta Sommaruga, Flavia Kleiner

Foto: BŽatrice Devnes

Weiterführende Links:

> SKOS, Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe
> Ruth Dreifuss, ehemalige Bundesrätin (Geschichte der Sozialen Sicherheit)
> Claudia Kaufmann, Ombudsfrau der Stadt Zürich und ehemalige Generalsekretärin des Eidgenössischen Departements des Innern (Stadt Zürich)
> Flavia Kleiner (Operation Libero)
> Joy Matter  (Wikipedia)
> Regula Rytz,Nationalrätin und Präsidentin der Grünen Partei Schweiz
> Simonetta Sommaruga, Bundesrätin, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements EJPD

Die erste Bundesrichterin

Margrith Bigler-Eggenberger (*1933) war die erste Bundesrichterin der Schweiz. 1974, drei Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts, wurde sie nur knapp zum Mitglied des Bundesgerichts gewählt. Sie blieb 17 Jahre lang die einzige Bundesrichterin in der Schweiz. Die Juristin, die sich nie einschüchtern liess, war eine Vorkämpferin für die Gerechtigkeit und für die Sache der Frauen. So setzte sie sich für den straffreien Schwangerschaftsabbruch ein. »Mörderin ins Bundesgericht« titelte daraufhin das CVP-Parteiblatt Ostschweiz. 30 Jahre später, 2002, wurde die Fristenregelung vom Volk angenommen.

Eines ihrer beruflichen Höhepunkte war die Verhandlung über Lohngleichheit im Jahr 1977. Eine Lehrerin hatte staatsrechtliche Beschwerde wegen Lohndiskriminierung eingereicht – und das Bundesgericht gab ihr recht.

Die Menschenrechte sind für Margrith Bigler-Eggenberger unverzichtbar. Ihr Mann hat nur mit viel Glück ein Nazi-Konzentrationslager überlebt.

Foto: Cécile Oberholzer

> Wikipedia über Margrith Bigler-Eggenberger

Geschichte der Frauenbewegung

Die Gosteli-Stiftung, welche im Jahr 1982 von Marthe Gosteli (1917 – 2017) gegründet wurde, ist Trägerin des Archivs zur Geschichte der Schweizer Frauenbewegung. Silvia Bühler ist Leiterin der Sammlung.

Frau Bühler, Sie betreuen das Archiv zur Geschichte der Schweizer Frauenbewegung. Welche sind die Hauptanliegen der Stiftung?

Silvia Bühler: Die Gosteli-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, den vielen vergessenen Frauen ein Gedächtnis zu geben, die Erinnerungen an ihr Tun lebendig zu halten und dies im öffentlichen Bewusstsein zu verankern.

In der Schweiz hatten Frauen bis 1971 kein Stimm- und Wahlrecht. Trotzdem organisierten sie sich bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Vereine und anderen Gruppierungen. Dieses Engagement wurde in Vereinsarchiven und vielfältigen Publikationen dokumentiert. Wir betreuen seit 1982 die Unterlagen und sind quasi das Gedächtnis der Schweizer Frauen.

Zu finden sind bei uns Archive von über 200 Frauenorganisationen und die Nachlässe von gegen 200 Frauen, die in der Schweiz in den letzten zwei Jahrhunderten in Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung, Gesellschaft oder Familie eine wichtige Rolle gespielt haben. Ergänzt werden diese Archivalien mit einer Fachbibliothek und einer Zeitungsausschnitts-Sammlung, die seit 1924 geführt wird. Das Archiv erfährt immer noch Zuwachs und wir erfassen die Dokumente laufend in Online-Katalogen.

Welche Frauen sollten unsere Leser_innen unbedingt kennen?
Alle, die von ihrer Sache überzeugt waren – und die sich für ihre Anliegen eingesetzt haben. Viele von ihnen sind in unserem Archiv dokumentiert!

> Gosteli-Stiftung 

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AUSSERDEM  

Ausstellung Schloss JegenstorfVom 9. Mai bis 14. Oktober 2018 stehen im Schloss Jegenstorf die Frauen im Zentrum. In der Sonderausstellung »Unsere Frauen. Im Schloss gelebt, gedient, gehütet« werden Schlossherrinnen, aber auch Wäscherinnen, Dienstmädchen und Köchinnen vorgestellt. Ein Teil der Ausstellung wird durch die Gosteli-Stiftung konzipiert, die Porträts von spannenden Frauen aus ihren Beständen zeigt.

Der Musik vertrauen

Corin Curschellas ist Sängerin, Komponistin, Songwriterin und Autorin. Die kreative Bündnerin spielt Piano, Dulcimer, Ukulele, Akkordeon und Perkussion und singt in sieben Sprachen – vor allem jedoch Rätoromanisch. Sie hat zahlreiche Preise gewonnen. Unter anderem war sie nominiert für den Grossen Preis der Musik vom Bundesamt für Kultur (BAK).

Frau Curschellas, was ist das Schöne an Ihrer Tätigkeit als Musikerin?

Corin Curschellas: Für mich ist »Musikerin sein«, eine Berufung und kein Business. Ich habe die Talente, die mir in die Wiege gelegt wurden, einfach entwickeln, auswickeln, ausbreiten und in verschiedene Richtungen auswallen können im Laufe der vielen Jahre. Zudem hatte ich das Glück, für meine Projekte immer wieder wunderbare Musiker_innen zu finden, sowie ein kostbares Publikum, welches bewusst nicht den Mainstream sucht, sondern »das Besondere« schätzt. Schön ist, dass es ein langer Weg geworden ist, ohne Abkürzungen. Dem Rand entlang, – da habe ich meine Nische gefunden. Ich konnte mir Zeit lassen für meine künstlerische Entwicklung, denn es gab keinen Zwang von aussen. Natürlich verdiene ich mit Singen und Spielen mein Brot, doch ich bin frei, weder gebunden an einen Manager noch an ein Label, welche mir den Parcours vorschreiben. Selbstverständlich kenne ich harte Zeiten, Durststrecken und steinige steile Phasen in unwegsamem Gelände, aber da ich mich am inneren Kompass orientiere, der wahrhaftigen Musik und meinen Geistesblitzen vertraue, findet sich immer ein Weg.

Weiterführende Links:

> Webseite der Musikerin

> Corin Curschellas, Wikipedia

> Corin Curschellas gewinnt den Kulturpreis des Kantons Graubündens 2018. Feier der öffentlichen Preisübergabe: 15. Juni 2018 um 17h in Ilanz / Kloster Dominikanerinnen

> Frauenkulturarchiv Graubünden, Chur
Der künstlerische Nachlass von Corin Curschellas (Printmedien, Artikel, Rezensionen, Fotos, Videos) ist dort archiviert und öffentlich zugängig.

Gehirnaktivität korrigieren

Prof. Dr. Nicole Wenderoth (*1970) ist Professorin für Neuronale Bewegungskontrolle am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH Zürich. Sie erforscht wie das menschliche Gehirn Verhalten kontrolliert und entwickelt neue Verfahren um diese Prozesse gezielt zu beeinflussen. Solche Neuromodulationsverfahren verwenden sensorische Reize, Elektro- oder Magnetstimulation die nicht-invasive, d.h. durch den intakten Schädel wirken und Hirnströme beeinflussen. Zukünftige Technologie werden diese Verfahren in Echtzeit auf die Gehirnaktivität abstimmen um pathologisch veränderte Gehirnaktivität zu korrigieren, zum Beispiel während der Erholung von einem Schlaganfall zu unterstützen, oder um Schlafphasen zu optimieren.

Frau Wenderoth, Sie erforschen, wie unser Gehinr tagsüber oder im Schlaf stimuliert werden kann. So sollen neue Therapien entstehen. Kann Neuromodulation auch zur raschen Stressreduktion eingesetzt werden?

Prof. Dr. Nicole Wenderoth: Die Neuromodulation steckt momentan noch in den Kinderschuhen. Im Labor beginnen wir langsam die Möglichkeiten und Grenzen dieser Technologie zu verstehen und erste vielversprechende Anwendungsfelder zu definieren. Nach meiner Einschätzung liegt eine Anwendung zur Stressreduktion aber noch relativ weit in der Zukunft, auch weil wir noch nicht genug darüber wissen wie Stress entsteht.

Weiterführende Links:

> ETH Zürich, Prof. Dr. Nicole Wenderoth
> YouTube-Videos mit Nicole Wenderoth

Ballonfahrerinnen

Nicole Vogel (*1989), Ärztin und Ballonpilotin. Mitglied der Schweizer Heissluftballon-Nationalmannschaft.

Corinne Nacht-Vogel (*1991), Juristin und Ballonpilotin. Co-Pilotin bei Heissluftballon-Meisterschaften.

Nicole Vogel und Corinne Nacht-Vogel, bei Ihrer ersten Ballonfahrt mit Ihren Eltern sassen Sie noch im Kinderwagen. Worin besteht die Faszination des Ballonfahrens?

Nicole Vogel: Besonders faszinierend am Ballonfahren ist das Zusammenspiel von Technik und Natur. Ballonfahren ist eine Reise mit dem Wind, schwebend über unserer Welt, der wir für ein paar Stunden entfliehen. Der Genussfaktor des Ballonfahrens ist unbeschreiblich hoch und jede Ballonfahrt ist einzigartig.
Während wir durch das Erhitzen der Luft im Ballon die Fahrthöhe bestimmen, ist unsere Fahrtrichtung und Geschwindigkeit alleine von der Windströmung abhängig. Es gilt, die auf unterschiedlichen Höhen herrschenden Windströmungen optimal zu nutzen und so die gewünschte Fahrtrichtung oder ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Man muss lernen, sich der Natur anzupassen und subtile Veränderungen und Einflüsse zu spüren und zu deuten.
Im Wettkampf erlebe ich immer wieder herausfordernde Situationen, bei denen ich meine ganze Erfahrung und mein ganzes Können einsetzen muss. Manchmal geniesse ich aber auch einfach die Ruhe und der Abstand vom Alltag.

Corinne Nacht-Vogel: Vor allem im Ballon-Wettkampfsport ist das Zusammenspiel von Technik und Natur sehr intensiv. Als Co-Pilotin ist es meine Aufgabe mithilfe von Computer, GPS und den verfügbaren Windinformationen möglichst genau an das nächste Ziel zu navigieren und so meine Schwester bei der Wahl der richtigen Fahrthöhe zu unterstützen.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor an Ballon-Meisterschaften ist auch die gute Zusammenarbeit untereinander. Im Ballon sind wir darauf angewiesen, von unserem Boden-Team konstante Informationen über die aktuellen Windrichtungen zu erhalten. An internationalen Wettkämpfen ist auch die Zusammenarbeit innerhalb der gesamten Nationalmannschaft sehr stark und trägt immer wieder dazu bei, dass wir im Schweizer Team Erfolge feiern dürfen.

Gibt es eine Ballonfahrt, die Sie als Ihre schönste Ballonfahrt bezeichnen würden?

Nicole Vogel: Es ist schwierig, die schönste Ballonfahrt auszuwählen. Wie gesagt: Jede Ballonfahrt ist auf ihre Weise besonders schön. Fahrten über die verschneiten Alpen oder auch in fernen Ländern wie über den Pagoden von Bagan in Burma oder den Reisfeldern von Japan sind einzigartig. Speziell in Erinnerung geblieben ist mir aber ein Start aus dem Zürcher Letzigrund-Stadion vor einigen Jahren. Normalerweise sind Fahrten über die Stadt Zürich nicht möglich, da der Flughafen Zürich dieses Gebiet für An- und Abflüge braucht. Im Rahmen eines Jubiläumsanlasses konnten wir jedoch einen Nachtstart aus dem Stadion machen. Über die noch ruhige Stadt zu fahren und das Erwachen in den Strassen von oben zu betrachten war ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Weiterführende Links:

> MM Ballonteam
> Schweizerischer Ballonverband

Historisches:

Käthe Paulus (*1868), eine Pionierin der Luftfahrt, war die erste deutsche „Berufsluftschifferin“, Luftakrobatin – und Erfinderin des zusammenlegbaren Fallschirms.

Jeannette Ridlon Piccard (*1895), war die erste lizenzierte Ballonpilotin in den USA und die erste Frau, die bis in die Stratosphäre flog.

© Ballonfoto: Karin Aeschlimann