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Empowerment von Frauen

Zita Küng ist Gründerin und Inhaberin von »EQuality«, dem Unternehmen, das Organisationen, Unternehmen und politiknahe Institutionen in Geschlechterfragen aller Art berät.
Die Juristin und Organisationsberaterin liebt das Empowerment von Frauen und ist ehrenamtlich im FRI – Schweizerisches Institut für feministische Rechtswissenschaft und Gender Law, im Labyrinthplatz Zürich, bei den Juristinnen Schweiz, in der feministischen fakultät und im Verein CH2021 engagiert.

Frau Küng, was brauchen junge Frauen heute, um ihr volles Potenzial entfalten zu können?

Zita Küng: Wichtig ist, dass sie sich mit ihren eigenen Energien verbinden und dann aus ihrer Kraft heraus den Blick in die Welt werfen: in die Nähe und in die Ferne. Wenn sich eine junge Frau bewusst wird, dass sie in einer Tradition von Frauen steht, die ihre Vorstellungen in die Welt gebracht haben, schöpft sie daraus vielleicht eine Portion Mut. Aber: die eigenen Ideen entwickeln und schauen, wo sie Ablehnung und Zustimmung findet, das bringt Wachstum.

Welche weitere Frauen sollten unsere Leser_innen unbedingt kennen?

Zita Küng: Viele Frauen. Jede mit Namen und Vornamen und einer Lebensgeschichte. Von der Nachbarin, der Kioskfrau, der Tramführerin über die Lehrerin, die Künstlerin, die Bankerin zur IT-Spezialistin, Pfarrerin, Sportlerin, Politikerin und Feministin: alle Frauen wahr- und ernstnehmen – das ist schon mal ein Anfang in unserer männerdominierten Welt!

Foto: Friederike Asael

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> EQuality
> FRI – Schweizerisches Institut für feministische Rechtswissenschaft und Gender Law
Labyrinthplatz Zürich
> Juristinnen Schweiz
> fem! feministische fakultät
Verein CH2021 (Ab ca. Mitte Juli 2018)

Frauendachverband | alliance F

Maya Graf (1962) dipl. Sozialarbeiterin, Biobäuerin, Nationalrätin der Grünen Schweiz und Co-Präsidentin von alliance F.

Frau Graf, Sie sind Co-Präsident des grössten Schweizerischen Frauendachverbandes. Was genau tut alliance F?

Maya Graf: Alliance F setzt sich als Bund der Schweizer Frauenorganisationen seit 1900 für die Gleichstellung der Frauen in der Schweiz ein. Wir sind die politische Stimme der Frauen in Bundesbern und bieten ein grosses Netzwerk mit Erfahrung und Fachwissen aus über 150 Organisationen – darunter Berufsverbände, Frauenzentralen, Wirtschaftsverbände, Frauenunternehmen und Einzelpersonen.

Foto: Béatrice Devènes

> Maya Graf: www.mayagraf.ch
> Alliance F: www.alliancef.ch

Die Architektin

Barbara Buser (*1954) ist diplomierte Architektin ETH mit NDS Energie. Nach zwei Einsätzen im Ausland gründete die bekannte Architektin 1995 den Verein Bauteilbörse in Basel. Sie ist und war in zahlreichen Um- und Zwischennutzungen Basler Gebäude involviert. Barbara Buser hat für Ihr Engagement mehrere Preise erhalten.

Frau Buser: Was denken Sie zur Beziehung zwischen Gebäuden und Menschen? Macht ein gutes Gebäude die Bewohner_innen glücklich?

Barbara Buser: Das ist die Frage, die mich zum Architekturstudium bewegt hat.
Ich bin unterdessen – nach 40 Jahren Berufstätigkeit – sicher, dass es so ist: Ein gutes Gebäude macht seine Bewohner_innen glücklich. – Aber was ist ein »gutes Gebäude«?
Es ist eines, das den Vorstellungen der Menschen entspricht, die darin wohnen werden. Und da beisst sich die Katze in den Schwanz!
Die Aufgabe der Architekten ist es demzufolge, herauszufinden, welches Gebäude den Vorstellungen des Kunden entspricht. Und nicht, welche architektonischen Idealvorstellungen den Kunden schmackhaft gemacht werden sollen!

Foto: in situ AG

> Baubüro in situ AG www.insitu.ch
> Denkstatt sàrl www.denkstatt-sarl.ch

Ehrenamtlich tätig

Rosmarie Hidber (*1946) ist für die anderen da. Viele Jahre lang als Familienfrau, im Kleinkinderbereich, als Spitex-Präsidentin, als Präsidentin des Frauenvereines und immer dort, wo Not an der Frau ist.

Frau Hidber, seit mehr als 50 Jahren üben Sie ehrenamtliche Tätigkeiten aus. Was genau ist Ihre Motivation?

Rosmarie Hidber: In mechanischen Uhrwerken befindet sich die »Unruh«. Auch für meinen Antrieb ist die Unruh ausschlaggebend. Der Wunsch, ausser Haus tätig zu sein, liess mich schon früh automatisch in ehrenamtliche Tätigkeiten rutschen.

Als ich mit der Freiwilligenarbeit begann, lebte ich als junge Mutter im kleinen Flecken Zurzach. An eine Berufstätigkeit war damals nicht zu denken, denn es gab keine Kindertagesstätten für die Kinderbetreuung. Besonders das Engagement im Bereich Kleinkinder entstand aus eigenen Bedürfnissen. Meine erste ehrenamtliche Tätigkeit war die Organisation eines wöchentlichen Kinderhütenachmittages in unserer Gemeinde.

Etwas später kam der einmal im Monat stattfindende Donnerstags-Frauenzmorge hinzu. Dieses Projekt war mir ein besonders grosses Anliegen: Erziehung, Literatur, Politik etc. waren Themen, die von Fachpersonen vorgetragen oder von der Frauengruppe selber erarbeitet wurden. Um den Müttern die Teilnahme zu ermöglichen, wurde ebenfalls ein Kinderhütedienst eingerichtet.

Die vielen Jahre als Spitexpräsidentin öffneten mir die Augen für das Gesundheitswesen und für die bürokratischen Vorschriften, die leider das Menschliche in den Hintergrund stellten. Diese Tätigkeit machte mich hellhörig für soziale Anliegen.

Vor einigen Jahren bin ich »unfreiwillig« in das Co-Präsidium des Gemeinnützigen Frauenvereins gerutscht. Zusammen mit meiner Co-Präsidentin und einem ausgezeichneten Vorstand organisieren wir Veranstaltungen, betreiben eine grosse Brockenstube und engagieren uns finanziell im »Verein für Tagesstrukturen – Kinderbetreuung ab 4 Monaten bis zur Jugendbetreuung in der Oberstufe«. Auch unterstützen wir Sozialfälle in der Gemeinde.

Besonders lebhaft in Erinnerung habe ich die Hausräumung vor drei Jahren. Monatelang räumten wir ein Geschäftshaus (Kolonial- und Haushaltwaren, Eisenhandlung). In diesem Haus schien die Zeit seit 100 Jahren stillzustehen. Nichts war weggeworfen worden und dementsprechend fanden wir allerlei Interessantes. Meine Motivation, dieses Projekt mitzuinitiieren, war die Befürchtung, dass wertvolles und wichtiges Material in der Abfallmulde landen könnte.

Man könnte meinen, mit 72 wäre es langsam an der Zeit, kürzer zu treten. Doch so lange ich noch »Unruh« spüre und Zeit finde für Reisen, Jassen, Kino, Gartenarbeit, ein gastfreundliches Haus und Freude, so lange werde ich mich weiterhin ehrenamtlich engagieren.

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Welche weiteren Frauen sollten unsere Leser_innen unbedingt kennen?

> Marthe Gosteli, Kämpferin für das Frauenstimmrecht, verstorben 2017
> Pat Noser, Malerin. Ihre Bilder über ‚Die Reise in ein verbotenes Gebiet‘ (Tschernobyl) sind sehr eindrücklich. Die Künstlerin hat ein geschultes Auge für Schönes und Unschönes.
> Steffi Hidber, eine der 10 besten und lustigsten Bloggerinnen der Schweiz

Kripo-Chefin

Dr. Christiane Lentjes Meili ist Chefin der Kriminalpolizei der Kantonspolizei Zürich. Sie führt über 500 Polizistinnen und Polizisten.

Frau Lentjes Meili, Sie lesen gerne Krimis. Hat Sie womöglich eine Roman- oder Filmfigur, zum Beispiel Miss Marple, zu Ihrem Beruf inspiriert?

Christiane Lentjes Meili: Das wäre eine schöne Idee, aber so war es leider nicht. Ich habe meine berufliche Laufbahn in den 90er Jahren zwar als Bezirksanwältin (heute Staatsanwältin) begonnen, habe diesen Weg aber eher zufällig eingeschlagen. Immerhin hat mich die Strafverfolgung seither aber auf all meinen Berufsstationen begleitet. An meiner jetzigen Funktion, die ich seit 2010 ausübe, hat mich vor allem die Führungsaufgabe gereizt. Ich wollte gute Voraussetzungen für eine wirksame und erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung schaffen und damit auch einen Beitrag für die Sicherheit der Menschen in unserem Kanton leisten. Detektivarbeit, wie sie die Kommissarinnen im Fernsehen leisten, gehört heute aber kaum noch zu meinen Aufgaben.

Was ist die Faszination Ihres Berufes, der ja doch sehr belastend sein muss?

Christiane Lentjes Meili: Mit belastenden Straftaten und Lebensumständen sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel direkter konfrontiert, als ich es in meinem Alltag bin. Mich begeistert es, mit einem motivierten Team von Abteilungsleitenden die Arbeitsweise der Kriminalpolizei laufend weiterzuentwickeln und mit innovativen Ideen auf zukünftige Herausforderungen auszurichten. Unsere Umwelt entwickelt sich rasant, Digitalisierung beeinflusst uns tagtäglich und in einigen Jahren werden wir ein modernes Polizei- und Justizzentrum beziehen. Hier auch gemeinsam mit unseren Partnerbehörden Neues gestalten zu können, treibt mich an und macht mir Freude.

Frauen besetzen nach wie vor wenige Kaderstellen. Wie ist die Akzeptanz bei den Kollegen?

Christiane Lentjes Meili: Sicher hat nicht jeder Mitarbeiter nur Freude daran gehabt, als ausgerechnet eine Quereinsteigerin die Kripoleitung übernahm. Und sicher unterscheidet sich auch meine Führungsarbeit von derjenigen meiner Vorgänger und Kollegen. Ich hoffe aber, mit meinem Engagement, meiner Leistung und meiner Persönlichkeit zu überzeugen und spüre sehr viel Unterstützung und Anerkennung in meinem Umfeld. Und die Tatsache, dass inzwischen zwei Offizierinnen das Leitungsteam der Kripo verstärken, macht mich auch ein bisschen stolz.

Webseite der Kantonspolizei Zürich / Christiane Lentjes Meili

Changemakerin

Dr. Cordula Reimann ist Politikwissenschaftlerin, Friedens- und Konfliktforscherin. Seit vielen Jahren begleitet sie Prozesse des sozialen Wandels.

Frau Reimann, in Ihrer täglichen Arbeit vermitteln Sie zwischen zerstrittenen Parteien. Wie kann man sich das genau vorstellen?

Cordula Reimann: Ich begleite unterschiedliche Veränderungsprozesse, sei es innerhalb und zwischen NGOs, in der offiziellen und internationalen Politik oder in Projekten und Programmen – auch zwischen und bei Privatpersonen. Inhaltlich kann es um Fragen der interkulturellen Kompetenz, Konfliktfähigkeit und Kommunikation gehen. Meine Arbeit kann Strategieanalyse – oder Gender-Trainings beinhalten oder aber ganz persönliche Fragen, wie zum Beispiel: Soll oder will ich mich von meinem Mann trennen? Soll ich mich beruflich ganz neu erfinden? Wie gehe ich am besten mit meiner Einsamkeit im um?

Was ist die Treibkraft für Ihre Arbeit, die zum Teil in Konfliktgebieten stattfindet?

Cordula Reimann: Seit ich als 13-Jährige eine sehr schwere Krankheit nur knapp überlebt habe, lebe ich intensiv. Meine Energie will ich in etwas stecken, das für mich lohnenswert ist. Es ist mir wichtig, Prozesse zu ermöglichen und zu schaffen, und so irgendwie beteiligt zu sein an Veränderungen zum Guten hin. Und ich bin sehr dankbar, dass ich das tun darf und dazu die Kraft und Lebensfreude habe.

www.corechange.ch
www.corechange-coaching.ch

Hüttenwartin

Gabi Aschwanden ist Wanderleiterin und Hüttenwartin der Fridolinshütte am nordöstlichen Fuss des Tödi (2111 / 3614 m.ü.M.) im Kanton Glarus.

Frau Aschwanden, Sie führen seit beinah dreissig Jahren jeden Sommer die Fridolinshütte. Das muss ja eine ganz besonders schöne Arbeit sein.

Gabi Aschwanden: Das ist sie. Ich habe ein Leben lang nie einen Job mit festen Arbeitszeiten gehabt und das gefällt mir so. Ich bin in der Natur – und ich bin den unberechenbaren Launen des Wetters ausgesetzt. Ist das Wetter schön, dann gibt es viel Arbeit. Ist es schlecht, kann es einen einschneien. Ich weiss an einem Tag nie, was am nächsten Tag sein wird. Das ist spannend und macht irgendwie süchtig.

Haben Sie schon Pläne, was Sie tun, wenn Sie die Hütte nicht mehr warten können?

Gabi Aschwanden: Bei schönem Wetter bin ich jetzt in der Hütte und arbeite oft im Haus. Ist die Hüttensaison vorbei, dann ist es Herbst. Wenn ich alt bin, möchte ich die Schweiz bereisen, ins Engadin und ins Bündnerland und meine Hüttenkolleginnen und -kollegen besuchen. Das ist meine Vision, wenn ich gesund bleibe.

Ist der Job der Hüttenwartin sehr anstrengend?

Gabi Aschwanden: Es ist wie ein Haushalt mit einem Haufen Leute. Ich putze, koche, räume auf. Doch alleine kann man keine Hütte machen. Ich bin darauf angewiesen, dass andere mit anpacken. Hat man ein gutes Umfeld, so wie ich, dann ist die Arbeit keine grosse Belastung. Man muss sich eben organisieren. Im Tal unten habe ich jemanden der schaut und einen pensionierten Kollegen, der den Heli auslädt. Es ist wie ein Spinnennetz um die Hütte rum mit Leuten, die einem husch, husch helfen können. So ist die Arbeit gut machbar. Vor allem bei so einer kleinen Hütte, wie ich sie habe.

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Ein Porträt von Gabi Aschwanden ist in Daniela Schweglers Buch Bergfieber zu finden.

Links:
www.fridolinshuette.ch
www.bergzyt.ch

Sportnachwuchs

Corinne Schmidhauser (1964) ist Sportfunktionärin, Politikerin, Anwältin und Mutter von zwei Söhnen. 1986/87 errang sie den Gesamtweltcupsieg im Slalom. Schmidhauser ist member of the board des Weltsportgerichts TAS/CAS in Lausanne und Präsidentin der Appellationskammer. Sie ist seit 2008 Gründungspräsidentin von Antidoping Schweiz. Ausserdem hat sie in den letzten Jahren die grösste Sportschule der Schweiz aufgebaut – mittlerweile über 250 jungen Sportlerinnen und Sportler aus 40 Sportarten verbinden bei ihr schulische und sportliche Ambitionen.

Frau Schmidhauser, Sie sind Leiterin der Sportschule Feusi. Was können Ihrer Meinung nach junge Mädchen, die sich für eine Sportkarriere entscheiden tun, um den beruflichen Anschluss nicht zu verpassen?

Heute ist es zum Glück an verschiedenen Orten möglich, Leistungssport und berufliche Ausbildung zu kombinieren. Gerade junge Frauen erleben wir dabei als sehr diszipliniert und doppelt ehrgeizig. Ich bin sehr überzeugt, dass Schule und Leistungssport sich gegenseitig bereichern. Zudem sind gerade die Hartnäckigkeit, Ausdauer und auch die ehrliche Auseinandersetzung mit sich selber, die einem der Sport mitgeben kann, optimale Voraussetzungen, um auch beruflich erfolgreich zu sein.

Und nicht zuletzt braucht es Mut, sich im Sport der Leistungskultur auszusetzen, auch Niederlagen anzunehmen – und wer braucht genau das im späteren Leben nicht auch? Sportlerinnen mit abgeschlossener Ausbildung nehmen einen tollen Rucksack mit auf ihren Lebensweg!

www.corinneschmidhauser.ch
www.feusi.ch

Die Stifterin

Die Stifterin Regula Lienhard-Hägler unterstützt zahlreiche Projekte und Institutionen. Sie ist Mitinhaberin und VR der Familien-Unternehmung Alid AG und Mitglied der Lienhard Stiftung.

Frau Lienhard, was treibt Sie an, karitativ tätig zu sein? Und was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Regula Lienhard: Ich erhalte mit meiner Tätigkeit als Stiftungsrätin und Privatperson Einblick in viele tolle Geschichten, viele zum Wohle anderer, die meinen vollen Respekt verdienen. Es wird sehr viel unbezahlte und freiwillige Arbeit geleistet, ein wertvolles Gut unserer Gesellschaft!

Im Bereich Kunst und Kultur begegne ich Menschen mit ver-rückten Ideen und Visionen. Wunderbar, gibt es diese Menschen, sie sind enorm wichtig für unsere Lebensqualität.
Kultur und Tradition der Region berühren die Herzen und gehören ebenso zu den Engagements der Familie.

Mit unseren finanziellen Unterstützungen durch die Stiftung oder auch privat dürfen wir den vielen kreativ tätigen Menschen in der Region Ostschweiz bei der Realisierung ihrer Projekte mithelfen und unsere Wertschätzung zum Ausdruck bringen.
Grosszügig sein kann jeder, das haben wir schon im Elternhaus mitbekommen. Dafür muss man nicht viel besitzen. Teilen, teilnehmen lassen, Freude bereiten, etwas zuliebe tun, Toleranz üben, das Andersartige miteinbeziehen, sind Werte, die wir gepflegt haben.

Es geht uns gut, sehr gut. Dankbarkeit ist sicher eine treibende Kraft und die Möglichkeit zu haben, anderen in ihren Visionen und Projekten unterstützend beistehen zu dürfen, ist sehr beglückend. Persönlich liegt mir sehr am Herzen, Institutionen, die Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Tätigkeit in Freizeit, Sport, Forschung und Bildung anbieten, zu fördern und finanziell zu unterstützen, damit ihre Projekte umgesetzt werden können.

Eine weitere Herzensangelegenheit von mir ist der Kunstkalender. Ich habe diesen erstmals im Jahr 1999 als exklusives Werbegeschenk für unsere Firmen herausgegeben. Die Kalenderarbeit wurde von ausgesuchten Ostschweizer Künstlerinnen umgesetzt. Dieses Projekt hat mich mit vielen wundervollen, spannenden, kreativen, neugierigen und kompetenten Frauen zusammengeführt!

Welche Frauen sollten unsere Leserinnen unbedingt kennen?

Zum Beispiel:

> Maya Boppart, Lernhausleitung SBW Secundaria Häggenschwil
> Anita Zimmermann (Leila Bock), Künstlerin
> Karin Bühler, Künstlerin
> Dr. phil. Monika Jagfeld, Museumsleiterin, Museum im Lagerhaus

Erfinderin

Die Zürcher Physikerin, Erfinderin und ETH-Professorin Ursula Keller erhielt 2018 den Europäischen Erfinderpreis für ihr Lebenswerk. Keller hat mit ihrer Erfindung die Lasertechnologie revolutioniert.

Das Interview wurde vor der Preisverleihung durchgeführt.

Frau Dr. Keller, Sie sind in der Kategorie Lebenswerk für den renommierten Europäischen Erfinderpreis nominiert – und das in relativ jungen Jahren!

Ursula Keller: Mit 59 bin ich nicht mehr so jung und leider schon beinahe am Ende meiner Karriere. Ich darf nur noch sechs Jahre arbeiten, was ich sehr bedauere, da meine Forschungstätigkeit kein Nine-to-five-Job ist, sondern eine Passion. Ich habe das Glück, einen Traumjob ausüben zu dürfen.

Sie gelten als Wegbereiterin im Bereich Laserlicht und haben die erste Methode zur Erzeugung von ultraschnellen Lichtimpulsen erfunden. Was heisst das konkret?

Ursula Keller: Im Prinzip habe ich mit meiner Erfindung den kurzgepulsten Laser industrietauglich gemacht. Zuvor liessen sich kurze Pulse nur im Labor und mit sehr grossem Aufwand produzieren, was sich industriell nicht umsetzen liess.

Und was kann damit bewerkstelligt werden?

Ursula Keller: Sehr vieles. Eine wichtige Anwendung ist Materialabtragung. Mit dem kurzen Laserpuls lässt sich leicht und sehr genau arbeiten. Etwas, das etliche Leute kennen ist die Lasik-Augenkorrektur, die ein Leben ohne Brille ermöglichen kann. Weitere Anwendungsmöglichkeiten, neben medizinischer Diagnostik und Chirurgie, sind das Schneiden und Schweissen in unterschiedlichen Bereichen wie Automobilindustrie, Kommunikationstechnologie oder Elektronik. Das Glas des iPhones wird zum Beispiel mit solchen kurzgepulsten Lasern geschnitten. Anders lässt sich das Material in dieser Form nicht zuschneiden. Mit traditionellen Laser wäre die Wärme- und die mechanische Belastung durch die Hitze, die dabei produziert wird, viel zu gross und das Glas würde brechen. Mit den kurz gepulsten Laser jedoch lässt es sich wie Butter schneiden.

»Ursula Keller hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass Europa in der Forschung und beim Einsatz ultraschneller Laser weltweit führend ist!« (EPA-Präsident Benoît Battistel)

Viele wichtige Erfindungen sind durch Zufall entstanden. War das mit dem kurzgepulsten Laser auch so?

Ursula Keller: Ja, in der Tat hätte der Vorversuch anders ausgehen sollen. Ich habe etwas gemacht, es hat nicht funktioniert, ich habe verstanden, warum und das führte zur Erfindung. Dies ist sehr oft ein normaler Prozess bei Forschungsarbeit. Genau aus diesem Grund führen wir in der Physik Experimente durch. Wir skizzieren einen Plan und hoffen, auf Resultate zu stossen, die uns inspirieren und weiterbringen. Meinen Student_innen sage ich immer: Schaut, wenn eure Versuche nicht so funktionieren, wie ihr hofft, seid ihr vielleicht am Anfang einer neuen Entdeckung –, womöglich ist aber auch nur ein Kabel falsch eingesteckt. Eine exzellente Forscherin mit guter Messtechnik wird den Unterschied in der Regel sofort bemerken und den Fehler effizient beheben.

Wer etwas erfinden will, braucht vermutlich eine grosse Frustrationstoleranz.

Ursula Keller: Manche sind extrem gut in Trouble-Shooting. Andere sind total gestresst, wenn Dinge nicht wie erwartet klappen. In derartigen Situationen zeigt sich, wer für Forschungsarbeit geeignet ist. Vielleicht sind geborene Erfinder diese Kinder, die manchmal etwas unbequem sind, die alles genau wissen möchten und hinterfragen, und ihre eigene Wege gehen wollen. Sie haben das Potential zum Erfinder, zur Erfinderin. Dies ist Eltern von eigenwilligen Kindern vielleicht ein kleiner Trost.

Und was führt zum Erfolg?

Ursula Keller: Neugier. Das Wichtigste ist, wahnsinnig neugierig zu sein und nie eine Antwort oder ein Resultat einfach als gegeben anzunehmen, wenn man nicht hundertprozentig davon überzeugt ist. Dazu braucht es auch ein ausgezeichnetes Grundlagenwissen. Wenn wir neue Gebiete erforschen, dann bringt auswendig gelerntes Wissen nichts. Um effizient neue Wege zu finden und zu beschreiten, muss man von Verstandenem ausgehen. Erst dann können die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden.

Im Rahmen Ihrer Forschung entwickelten Sie auch die Attoclock, eine der genausten Uhren der Welt mit Laserlicht als dem präzisesten Zeiger der Welt. Damit lassen sich Attosekunden messen, den milliardsten Teil einer Milliardstensekunde. Wozu brauchen wir eine so genaue Zeitmessung? Auf Ihrem You-Tube-Video haben Sie Fotosynthese erwähnt.

Ursula Keller: Fotosynthese ist eine faszinierende Sache, mit extrem schnellen Vorgängen, die sich leider noch nicht künstlich nachmachen lässt. Einer der ältesten Prozesse der Erde zu kopieren ist alles andere als trivial. Die Natur hatte viel Zeit, um ihn zu optimieren. Was wir uns zurzeit fragen: Müssen wir das Original nachmachen, um Fotosynthese im Labor zu erzeugen, oder kann das Verfahren vereinfacht werden? Durch die Attosekunden lassen sich zum ersten Mal die ganz schnellen Vorgänge messen, aber das ist nur ein Teil von einem relativ langen Prozess.

Das ist ja unvorstellbar, fantastisch.

Ursula Keller: Ja, es ist grossartig. Wir können heutzutage nicht mehr Amerika entdecken, aber mit unserer Forschung immer wieder Dinge, die wir nicht verstehen auf den Grund gehen. Und das finde ich wahnsinnig bereichernd. Deshalb wird es für mich hart sein, wenn ich nach meiner Pensionierung nicht mehr forschen darf.

 

Frauenförderin

Mit 33 schrieb Ursula Keller Geschichte als erste Frau an einem naturwissenschaftlichen Lehrstuhl der ETH Zürich.Sie hat den Women Professors Forum gegründet und rät jungen Frauen, Veränderung zu fordern.

»Viele Frauen unterschätzen, wie zentral ein tragendes Netzwerk ist.«

Noch eine letzte Frage: Frau Keller, was gibt es noch nicht und müsste unbedingt erfunden werden?

Ursula Keller: Da gibt es so vieles. Ich habe jetzt ein neues Auto, einen Tesla, der autonom fahren kann, und bin davon begeistert. Zurzeit befinden wir uns mitten in einer technischen – und auch biologischen Revolution. Irgendwann werden wir wohl künstliches Gewebe kreieren können. Ach, ich könnte hunderttausend Sachen aufzählen. Sehr gerne würde ich ewig leben, damit ich das alles sehen und miterleben kann.

> Prof. Dr. Ursula Keller, ETH Zürich