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Die Baseballspielerin

Jamie Bastian (16) ist eine der wenigen Baseballerinnen in der Schweiz und die einzige Frau, die in der NLA spielt.
Jamie Bastian (16) is one of the few baseball players in Switzerland and the only woman who plays in the NLA.

Jamie, du lebst in Australien und verbringst gerade ein Jahr in der Schweiz. Was hat dich hierhin gebracht?
Jamie, you live in Australia and you are currently spending a year in Switzerland. What brought you here?

Ich absolviere gerade ein Austauschjahr in der Schweiz. Zur Auswahl standen noch andere europäische Länder, Brasilien oder Taiwan. Ich fand die Schweiz jedoch das ansprechendste Land. Ich liebe Snowboarden und die Berge, weshalb die Schweiz für den Austausch die richtige Wahl war.
I’m on an exchange year in Switzerland. I had choices to go to other countries in Europe, Brazil or Taiwan, but I found Switzerland the most appealing. I love snowboarding and the mountains so Switzerland was the right choice for that.

Wo lebst du in Australien?
Where do you live in Australia?

Ich komme aus einer sehr schönen Vorortgegend von Melbourne im Bundesstaat Victoria.
I come from Melbourne (Victoria), from the suburbs in a very beautiful area.

In welchem Club spielst du hier in der Schweiz? Und in Australien?
In which club do you play in Switzerland? And in Australia?

In Australien spiele ich seit etwas mehr als 10 Jahren beim Doncaster Dragons Baseball Club. Es ist ein sehr guter Club mit vielen talentierten Spielern und einer tollen Gemeinschaft. Hier in der Schweiz spiele ich beim Sissach Frogs Baseball Club. Mein erstes Training hatte ich im Februar und ich hoffe, dass ich bis zu meiner Heimreise dort trainieren kann. Ich bin das einzige Mädchen im Club. Ich kann mich aber gut behaupten, weil ich zwei ältere Brüder habe und es gewohnt bin, mit Jungs Baseball zu spielen. Das Team hier hat mich vom ersten Tag an ganz toll aufgenommen.
In Australia I play with the Doncaster Dragons Baseball Club. I have played there for a little over 10 years, they are a very good club in talent and as a community. Here in Switzerland I play with the Sissach Frogs Baseball Club. I attended my first training in February and will hopefully train with them until I leave. I am the only girl in the club, but I have grown up playing baseball with boys and I also have two older brothers, so I know how to stand my ground. The whole team made me feel very welcomed when I arrived.

Ist in Australien diese Sportart verbreitet bei Frauen?
Is Baseball popular among women in Australia?

In Australien ist es üblicher, dass Frauen Baseball spielen. Ich spiele in einer Frauenmannschaft mit Spielerinnen zwischen 15 und 35 Jahren. In unserem Junioren-Team gibt es auch 5 Mädchen und in unserer Männermannschaft spielt ebenfalls ein anderes Mädchen. Ich schätze, dass die Sportart bei Frauen in Australien zunehmend beliebter wird, was für den Verband grossartig ist.
It is more common in Australia for women to play baseball, I play in a women’s team with players from 15-35 years old. In my junior’s team there are also 5 girls, And in my men’s team there is also another girl. I would say that women’s baseball is growing in Australia which is great for the federation.

Was vermisst du am meisten hier in der Schweiz?
What do you miss the most in Switzerland?

Am meisten vermisse ich meine Schwester. Sie ist 18 Jahre alt und hat das Down-Syndrom. Sie ist die süsseste Person auf der Welt – ich liebe sie so sehr. Ich vermisse auch mein Frauen-Baseballteam in Australien, weil ich dort viele gute Freunde habe. Aber ich weiss, dass ich nach meiner Rückkehr überall wieder anknüpfen kann. Es gibt natürlich viele Dinge aus Australien, die ich hier vermisse. Aber nichts ist so wichtig, dass es mir Probleme bereiten würde. Ich liebe die Schweiz und weiss, dass ich das «Land der Schokolade» mehr vermissen werde, wenn ich anfangs des nächsten Jahres wieder nach Australien zurückkehren werde.
I definitely miss my sister the most. She is 18, has Down-Syndrome and she is the sweetest thing in the world – I love her so much. I miss my women’s baseball team in Australia because I have so many friendships within the team. But I know I’ll pick everything back up when I go back. There are a lot of things I miss from Australia but nothing so big it causes me problems here. I love Switzerland and I know I will miss «the land of chocolate» more when I go back at the start of the year.

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Das Austauschjahr von Jamieson (Jamie) Bastian wurde vom Rotary Club Sissach-Oberbaselbiet ermöglicht. Die Schülerin ist für je vier Monate in drei verschiedenen Gastfamilien untergebracht. Ziel dieses Austauschjahres ist die Sprache (Deutsch) und die Schweizer Kultur näher kennenzulernen.
The exchange year of Jamieson (Jamie) Bastian was made possible by the Rotary Club Sissach-Oberbaselbiet. The student is staying with three different host families for four month each. The aim of this exchange year is to learn the language (German) and to experience the Swiss culture.

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WOMEN’S BASEBALL WORLD CUP

Der Women’s Baseball World Cup fand dieses Jahr in Florida statt mit Spielerinnen aus 12 Ländern. In der Schweiz ist diese Sportart beinahe unbekannt. Genauso wie Softball, eine Sportart, die hier vorwiegend von Frauen gespielt wird.

Buch zum Thema Frauen und Baseball: «A Game of Their Own: Voices of Contemporary Women in Baseball» von Jennifer Rings

Übersetzung: Michaela Stalder, Basel

Zürich – Peking mit dem E-Bike

Andrea Freiermuth (*1972) fährt mit dem E-Bike von Zürich nach Peking. Zuvor war noch nie jemand mit einem handelsüblichen Elektrorad auf dieser Strecke unterwegs.

Titelfoto: Nach rund 3000 Kilometern auf dem E-Bike überquert Andrea F. den Bosporus per Fähre. 

Frau Freiermuth, was ist Ihre Motivation für eine so lange Reise mit dem E-Bike?

Andrea Freiermuth: Ich habe schon mindestens mehr als die Hälfte meines Lebens hinter mir. Da überlegt man sich, was man noch alles machen möchte. Bei mir ist das unter anderem mehr Velofahren. Ich weiss, das klingt verrückt, macht mich aber glücklich, insbesondere wenn ich das Radfahren mit Reisen verbinden kann. Zudem ist das Ganze für mich wie eine Weiterbildung on the Road. Mein Blog www.shebikerider.ch ist eine Spielwiese für multimediale Erzählformen. Da gibt es für mich als Printjournalistin viel Neues zu entdecken. Und last but not least: Ich finde E-Bikes eine super Erfindung. Wer aufs E-Bike anstatt ins Auto sitzt, tut viel für die Umwelt. Aber leider denken immer noch zu viele Leute, elektrische Unterstützung sei bloss was für Rentner und andere Flachfahrer. Ich möchte dazu beitragen, dass sich das Image der E-Bikes ändert.

Zum ersten Mal Kopftuchzwang: Besuch der Blauen Moschee in Istanbul. (Bild: Andrea Freiermuth)

Könnten Sie das Velo notfalls auch selber reparieren?

Ich kann sicher einen platten Schlauch flicken und neue Bremsbeläge montieren. Für alles andere habe ich Videoaufnahmen auf meinen Computer, die ich in der Werkstatt von Flyer gemacht habe, wo mir die wichtigsten Handgriffe gezeigt wurden.

Wie haben Sie Ihre Route geplant? Immer den Steckdosen nach?

Einfach immer Richtung Osten. Wobei das in den heissen Sommermonaten auf dem Balkan dann zuweilen hiess: Immer dem kühlen Nass nach oder ab in die Höhe. Zudem habe ich mich für die Südroute via Türkei und den Iran entschieden, da ich diese Länder sehr spannend finde. Und klar: Ich brauche mindestens jeden zweiten Tag eine Steckdose. Die zu finden, war aber bisher kein Problem.

Wo sind Sie gerade? Wie ist es bisher gelaufen?

Am Bosporus. Bisher hat alles super funktioniert: Der Flyer hatte nie eine Panne, ich war nie krank und mit meinem ersten Reisepartner von Zürich nach Istanbul habe ich mich bestens verstanden. Allerdings mache ich mir derzeit etwas Sorgen wegen dem Iran, in den ich gemeinsam mit zwei anderen Frauen einreisen wollte. Die beiden haben nun aber kalte Füsse bekommen und sich zurückgezogen. Genau dieses Land war aber jenes, das ich nicht alleine machen wollte, sondern am liebsten als starkes Frauenrudel. Aus Foren weiss ich, dass allein reisende Frauen im Iran mit grosser Wahrscheinlichkeit unangenehme Begegnungen haben.

Wie lange werden Sie unterwegs sein?

Theoretisch bis Ende Juni 2019, wobei ich eine Winterpause plane, in der ich von Tadschikistan nach Shanghai fliege, wo ich einen Sprachkurs besuchen möchte. Im Frühling würde ich dann für die letzten drei Monate via Kirgisien nach China einreisen. Aber eben: Zuerst muss ich mal schauen, ob und wie ich im Oktober durch den Iran komme.

> www.shebikerider.ch

Politik als Passion

Dr. Regine Sauter (*1966) ist Direktorin der Zürcher Handelskammer und Nationalrätin

Frau Sauter, warum sind Sie in der Politik aktiv?

Regine Sauter: Politik war schon immer meine Passion. Bereits in der Kantonsschule habe ich mit Kollegen debattiert und gross war mein Bedauern, dass ich bei der ersten Abstimmung über den Beitritt der Schweiz zur UNO 1986 noch nicht stimmberechtigt war. Auch während meiner Studienzeit war ich stark engagiert, zum einen als Präsidentin des Studentenparlaments, zum anderen im Zusammenhang mit der Abstimmung über den Beitritt der Schweiz zum EWR. Dass die Schweizer Bevölkerung diesen damals abgelehnt hat, empfinde ich noch heute als verpasste Chance.

Für mich war schon früh klar, dass ich – sobald ich mich irgendwo längerfristig niederlasse – auch selber politisch aktiv sein will. Die Möglichkeiten in der Schweiz, in allen Bereichen mitwirken zu können, empfinde ich als ein grosses Privileg. Jene, die nur am Stammtisch sitzen und über alles schimpfen, haben das nicht verstanden. Ich bin dann der FDP beigetreten und habe in der Kreispartei meines Quartiers mitgewirkt.

Seit 2015 darf ich nun den Kanton Zürich im Nationalrat vertreten, nachdem ich vorher 11 Jahre im Kantonsrat war.

Politik und Beruf – geht das?

Ich bin eine grosse Verfechterin des Milizprinzips. Politik und Beruf müssen sich vereinbaren lassen, davon bin ich überzeugt. Der gegenseitige Austausch ist wichtig. Wir schaffen damit zum einen relevantere, das heisst in der Praxis besser umsetzbare gesetzliche Regelungen. Zum anderen sorgen wir dafür, dass das Verständnis für die Bedeutung der politischen Rahmenbedingungen auch in der Wirtschaft erhalten bleibt.

Natürlich, es ist nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Die Belastung ist mit dem Amt im Nationalrat auch deutlich höher als im Kantonsrat. Zudem ist die Arbeitsweise anders, der Nationalrat trifft sich vier Mal pro Jahr zu einer dreiwöchigen Session, der Kantonsrat tagt einmal pro Woche am Montagmorgen. Nötig ist deshalb eine gute Organisation. Zudem kann ich darauf vertrauen, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Zürcher Handelskammer, die ich leite, alle eine hervorragende Arbeit leisten, auch wenn ich nicht da bin.

Zeit für viel Anderes bleibt nicht wirklich. Ich gehe aber gerne und häufig in die Oper, benutze die ruhigen Sommerwochen für eine Reise an einen spannenden Ort, und zu Hause bekoche ich gerne Freunde und Familie, das empfinde ich als wunderbaren Ausgleich.

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Welche Frauen sollte man kennen?

Vreni Spoerry, die ehemalige Zürcher National- und Ständerätin, finde ich eine tolle Frau. Sie überzeugt durch Fach- wie durch Sozialkompetenz gleichermassen und ist – auch noch im nun etwas höheren Alter – eine spannende Gesprächspartnerin.

Sarah Springman, die Rektorin der ETH Zürich, beeindruckt mich sehr. Ihr Curriculum ist herausragend, ihr Amt füllt sie mit grosser Würde. Und wenn man sie trifft, hat man immer das Gefühl, dass sie im Moment nichts anderes interessiert als die Person, die vor ihr steht.

Iris Flückiger, General Manager im Hotel Schweizerhof in Bern, ist so, wie ich mir eine Gastgeberin vorstelle. Wenn ich dort an einem Anlass bin, fühle ich mich wohl, und es gefällt mir, wenn versucht wird, neue Wege zu beschreiten, ohne dass das gleich in «wir sind jetzt so szenig» ausartet. Dies ist ihre Handschrift.

> www.reginesauter.ch

Die Imkerin

Die Leidenschaft fürs Imkern und für die Bienen hat Anna Hochreutener (*1984) von ihren Eltern, die sie bereits als Kind mit zu den Bienen mitnahmen. Die Imkerin ist Mitbesitzerin von Wabe3, der jungen, innovativen Imkerei über Zürichs Dächer.

Frau Hochreutener, welches sind die Aufgaben einer Imkerin?

Anna Hochreutener: Als Imkerin schaue ich, dass es meinen Bienen gut geht. Zum Beispiel stelle ich sicher, dass die Bienen gesund sind und sie an einem Ort stehen, wo sie ein gutes Blütenangebot haben. In der Stadt ist das gut gegeben. Deshalb haben wir auch eine gute Honigproduktion.
Ganz allgemein: Ich biete den Bienen ein optimales Zuhause in dem sie sich wohlfühlen und gedeihen.

Wieviel Honig produzieren Ihre Bienen pro Jahr?

Wir rechnen mit etwa 25 bis 35 Kilogramm Honig pro Volk und Jahr. Zurzeit bewirtschaften wir etwas mehr als 100 Bienenvölker auf elf Standorte verteilt.

Immer auf Hochhäuser?

Nein, nur zehn davon. Der elfte Standort, auf der Brache Guggach beim Bucheggplatz, ist unser Lehrbienenstand, an dem wir Schulklassenführungen durchführen und Imkerkurse geben. Für unsere Imkerkurse und die Schulklassen macht es Sinn, dass der Bienenstand öffentlich zugänglich und sicher ist.

Wie viele Personen sind bei Wabe3 tätig?

Die Bienen betreuen wir zu zweit – Tom und ich. Im Laden kümmern sich meine Ladenpartnerin und eine weitere Mitarbeiterin um den Verkauf. Sie helfen auch bei der Produktion mit. Bei den Schulklassenführungen unterstützt uns Julia, eine junge, motivierte angehende Imkerin.

Wonach schmeckt Ihr Stadthonig? Gibt es eine bestimmte Pflanze, die den Geschmack bestimmt?

Das ist schwierig zu sagen. Unser Honig schmeckt sehr vielfältig – genau so vielfältig wie die Blütenpracht in der Stadt. Der Sommerhonig enthält jedoch meistens Linde, die durch das Gemisch zu erkennen ist. Der Frühlingshonig hat oft einen Anteil «Falsche Akazie» (Robinie) und ist eher lieblich, süss mit einer leichten Caramel- und Vanillenote.

Was vermitteln Sie in Ihren Kursen und Führungen?

Bei den Patenschaften und Führungen bekommen die Besucher_innen einen Eindruck davon was ein Bienenvolk macht, was die Arbeiten der Imkerin sind und wie ein Bienen- und Imkerjahr aussieht. Bei den Kursen tauchen wir tiefer in das Thema ein. Wir bilden auch Imker_innen aus. Die Ausbildung dauert zwei Jahre.

Zum ersten Mal vor einem Bienenvolk zu stehen und zu sehen, hören und fühlen, wie es summt, brummt und arbeitet, ist für die meisten Besucher_innen ein beeindruckendes Erlebnis.

> www.wabe3.ch

Die Pfarrerin

Pfarrerin Rita Famos (*1966) leitet seit 2013 die Abteilung Spezialseelsorge der reformierten Kirche des Kantons Zürich. Zuvor war sie Pfarrerin in Zürich-Enge und Uster und Mitglied der Exekutive des Schweizerischen Evangelische Kirchenbundes. Rita Famos ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Sie hat dieses Jahr um das Amt der Kirchenbund-Präsidentin kandidiert.

Frau Famos, wie sieht die ideale Kirche für Sie aus?

Rita Famos: Es gibt keine «ideale» Kirche, sowie es auch nicht die ideale Partei, den idealen Verein, die ideale Regierung gibt. Denn Institutionen werden von Menschen gelebt und sind deshalb nie ideal oder perfekt und bedürfen immer der Weiterentwicklung.
Aber eine Kirche, in der ich mich wohl fühle, ist eine engagierte Gemeinschaft von Menschen, die ihren christlichen Glauben leben und bezeugen wollen. Sie bewahrt die Tradition und ist gleichzeitig offen für Weiterentwicklungen. Sie schafft Räume für die Begegnung mit Gott und ermöglicht die spirituelle Entfaltung ihrer Mitglieder. Sie schafft tragende, verlässliche Gemeinschaft und fördert den Diskurs über christliche Werte in unserer Gesellschaft. Eine glaubwürdige Kirche setzt sich in der Nachfolge Jesu ein für die Schwächsten. Sie lässt in ihren Reihen eine theologische Vielfalt zu, die eine lebendige Diskussion um die Weiterentwicklung der Kirche erst möglich macht. Es ist eine Kirche in der Frauen und Männer gemeinsam Verantwortung übernehmen, sowohl im kirchlichen Leben wie auch in der Leitung.

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Welche Kirchen-Frauen sollten unsere Leser_innen kennen?

Es gibt viele, engagierte Frauen in den Reihen der Kirche und es wäre schön, wenn die Leser_innen irgendeine engagierte Kirchenfrau aus ihrem Umfeld kennenlernen würden. Viele handeln aus christlicher Überzeugung, ohne es an die grosse Glocke zu hängen. Lernt sie kennen!

Und um noch ein paar Namen aus der Kirchengeschichte zu nennen: Wir feiern in diesem Jahr 100 Jahre Frauenordination in der Reformierten Kirche: Rosa Gutknecht war die erste Theologiestudentin in der Schweiz und hat sich vehement dafür eingesetzt, dass sie ordiniert werden konnte, was am 27. Oktober 1918 auch geschah. Ihr verdanken wir reformierten Pfarrerinnen viel, sie ist aber auch ein Beispiel für eine Frau, die unerschrocken ihren Weg ging und sich für ihre Rechte einsetzte.
Katharina von Zimmern war die letzte Äbtissin im Fraumünster Zürich. Sie hat aus Überzeugung zur Reformation gewechselt und mit ihrer Übergabe des Fraumünsters samt seinen Besitztümern einen wichtigen Impuls zur Reformation in Zürich gegeben. Sie ist das Beispiel einer Frau, die im 16. Jahrhundert eine grosse Verantwortung hatte für Ländereien und eine Klostergemeinschaft und ungesehen der Schwierigkeiten, die sie sich mit ihren reformatorischen Überzeugungen einhandelte, lebte, was sie glaubte.
Eine Biografie, die mich schon in Jugendjahren beeindruckt hat, ist diejenige von Marie Durand, der französischen Protestantin, die wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Hugenotten ihr Leben liess. RESISTER, ihr Aufruf zum Widerstand ist heute noch in den Mauern der Tour de Constance von Aigues-Mortes zu lesen.

> www.ritafamos.ch

Sennin / Biobäuerin

Anne Krüger (*1975), Agraringenieurin und Biobäuerin, lebt mit ihrem Mann und den zwei gemeinsamen Kindern abwechslungsweise auf der Muttner Alp oberhalb Thusis und in Chile Chico (Patagonien, Südamerika).

Frau Krüger, im Sommer leben Sie auf der Muttner Alp, was genau tun Sie in dieser Zeit?

Anne Krüger: Die Muttner Alp ist eine Kuhalp mit Milchverarbeitung. Gemeinsam mit meinem Mann melke ich also die 48 Kühe, die hier gesömmert werden. Deren Milch verarbeite ich zu Käse und das «übrige» Milchfett zu Butter.
Arbeit auf der Alp bedeutet aber ein noch viel umfassenderes Verantwortungsfeld, zumindest wenn man eine solche Arbeitsstelle seit rund 20 Jahren innehat, so wie das bei uns der Fall ist. Da weitet sich der Arbeitsbereich aus auf Weidemanagement, Brunstkontrolle, Klauenpflege und andere Eingriffe aus der simpleren Tiermedizin. Auch Qualitätskontrolle in Bezug auf das Lebensmittelgesetz gehört dazu, sowie Mitdenken bei Subventionsanträgen und baulichen Umgestaltungen der Alp, Repräsentation des Alpidylls für Touristen und soziale Mediation im Geflecht des bäuerlichen Bergdorfes … Man sieht: Je weiter unten auf meiner Liste, desto abstrakter die Aufgabe.

Und in Patagonien? Wie sieht dort Ihr Arbeitsalltag aus?

Dort  führen mein Mann und ich einen gemischten Pflanzenbaubetrieb mit Gemüse, Getreide, Obst und Heugewinnung. Ich fühle mich dabei in erster Linie für die Pflegearbeiten im Gemüse, die Ernte und die Vermarktung zuständig. – Und natürlich bin ich Hausfrau und Mutter, beides gerne. Egal wo auf der Welt, sind solche Exemplare ständig am Räumen, Waschen, Backen, Kochen, Vorlesen, Elternabende überleben und verlorene Gegenstände suchen.

Wie kann man sich Ihren Hof in Chile Chico vorstellen? Leben Sie in einem Haus?

Ein Haus, ja. Wir könnten es so definieren, dass es drinnen in jedem Fall weniger windet und weniger regnet als draussen. Es bietet einen friedlichen Platz am Herd, um mit Nachbarn, Freunden und Zufallsbekanntschaften stundenlang Mate zu trinken, und es hat einen Tisch, an dem jeder einen Teller aufgedeckt bekommt. Dabei wird dann über Pferde, Heupreise oder Dinosaurier geredet, je nachdem wer spricht.

Wer hütet Haus, Garten und Haustiere während Sie hier in der Schweiz sind?

Seit einigen Jahren leben während unserer Abwesenheit Leute bei uns auf dem Hof. Bisher waren das immer Menschen, die wir vorgängig nicht kannten (Kunsthandwerker, Reisende). Und bisher kamen sie immer so kurz auf knapp vor unserer Abreise überhaupt bei uns an, dass wir uns lediglich auf das gute Bauchgefühl gestützt haben, dass diese Typen schon passen werden.

Und?

Wenn wir dann nach dem Alpsommer zurück nach Hause kommen, bestätigte sich bis anhin glücklicherweise immer die Intuition: Das Haus war gepflegt, die Haustiere versorgt und die Nachbarn des Lobes voll über die Hippies, die den Winter bei uns verbracht haben. Alles in allem ist das eine Übung des bedingungslosen Vertrauens, die ich wärmstens empfehlen kann.

Wie ist es, so «ab der Welt» zu leben? Wie ist zum Beispiel die ärztliche Versorgung?

Ich würde mir wünschen, noch viel weiter «ab der Welt» zu leben. Leider findet der Stress der westlichen Welt mit Whatsapp und Terminkalendern den höchsten Schweizer Gipfel und die weiteste patagonische Pampa. Ich merke, dass es meine Lebensaufgabe ist, das Wurmloch zu finden, das einen Ausweg bietet. In Bezug auf den Segen der Zivilisation haben die Menschen übrigens häufig falsche Vorstellungen von Lebensorten wie einer Alp oder Patagonien. Die ärztliche Versorgung zum Beispiel ist in unserem patagonischen Dorf mit 4000 Einwohnern den Umständen entsprechend hervorragend, denn Chile ist ein Sozialstaat, und wenn auch niemand die riesigen Distanzen kleinhexen kann, so wird doch auch dort alles getan, damit ein Kind mit gebrochenem Arm schnellstmöglich operiert wird. Und wenn ich auf Medikamente oder Physiotherapie angewiesen bin, dann bekomme ich die auch in unserem Dorf. In meinen Augen in ausreichender Qualität und mit einem warmen menschlichen Lächeln.

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Ein Porträt von Anne Krüger ist in Daniela Schweglers Bestseller Traum Alp: Älplerinnen im Porträt (2013) zu finden.

Chocolatière

Laura Schälchli (*1982) studierte Design-Management in New York und Gastronomische Wissenschaften in Italien. Die Geschäftsführerin von LA FLOR hat gemeinsam mit ihrem Team eine eigene Schokoladenmarke kreiert.

Frau Schälchli, von der Idee zur fertigen Schoggitafel im Geschäft: Wie ist das vor sich gegangen?

Laura Schälchli: Die Idee von LA FLOR entstand bei einem Gespräch zwischen Zelia Zadra, einer weiteren Kollegin (die dann wieder ausstieg) und mir. Zelia (ü20) und ich (u30), führten bereits kleine Unternehmen.

Wir verfolgten die Idee weiter und eines war uns rasch einmal klar, zu zweit wollten wir sie nicht umsetzen. So fragten wir Ivo Müller an, der schon damals persönliche Kontakte zu einem Kakaobauer hatte. Anschliessend auch Heini Schwarzenbach, bei dem ich Rat holte, zum Beispiel betreffend Preis oder Grösse der Schokoladentafel. Er hat viel Erfahrung in der Branche und für uns war es ein Glück, das mit in das Team eingestiegen ist. Später ist Finn Ramseier für die Produktion hinzugekommen.

Die Planung nahm rund drei Jahre in Anspruch. Seit fünf Monaten verkaufen wir vier Schokoladesorten. Weitere (Milchschoggi, weisse Schoggi) kommen bald einmal hinzu!

Sie geben auch Kurse?

Ja. Bei uns ist das so, dass wir ja nicht nur Schokolade herstellen und verkaufen, sondern eine transparente Schoggimanufaktur betreiben. Interessierte kommen zu LA FLOR, um zu erfahren, wie unsere Schoggi entsteht. Wir führen kurze Lehrgänge durch, erklären den Besucher_innen, woher die Kakaobohnen stammen, was passiert, wenn Kakao geröstet, gemahlen, conchiert und temperiert wird.
Die Teilnehmer_innen unserer Kurse können an einer Blindverkostung diverse Schokoladen probieren. Und spätestens in diesem Moment wird der Unterschied von einer industriell hergestellten und einer handgemachten Schoggi klar. Bei uns entsteht der Geschmack durch den Kakao – und nicht etwa durch die Zusätze. Kakaobohnen enthalten über 600 Geschmackskomponenten. Und wie zum Beispiel bei Wein auch, kommt es stark auf das Land an, auf die Pflanze oder das Wetter im Anbauland.

Wie findet man die ideale Kakaobohne?

Eine Sorte haben wir durch persönliche Kontakte in Brasilien gefunden. Dann hat uns jemand einen Schweizer Kakaoverkäufer in Ecuador empfohlen. Dieses Jahr sind wir in Ghana gewesen, um eine Organisation zu besuchen, Tests zu machen und zu schauen. Die Kakaobohnen kommen mit Containern in die Schweiz. Sie sind lange unterwegs. Um Ware am anderen Ende der Welt zu bestellen, braucht es ein gutes Vertrauensverhältnis.

Fotos: ©LA FLOR

> LA FLOR
> Sobre Mesa / Webseite von Laura Schälchli

 

Die erste auf der Welt, die …

Cornelia Ruppert (*1972) ist die erste Pilotin auf der Welt, die ein elektrobetriebenes Leichtsegelflugzeug fliegt. Sie hat soeben die Ausbildung zur Leichtsegelflug-Lehrerin abgeschlossen.

Frau Ruppert, Sie fliegen den Archaeopteryx. Was unterscheidet dieses Flugzeug von anderen Segelflugzeugen?

Cornelia Ruppert: Der Archaeopteryx ist ein Leichtsegelflugzeug. Mit einem Gewicht von 64 Kilogramm ist es viel leichter als herkömmliche Segelflugzeuge. Es kann vom Boden aus zu Fuss, durch Rennen, gestartet werden, oder, was neu und revolutionär ist, auch elektrisch. Im hinteren Teil hat das Flugzeug einen Propeller (ich sage immer, das ist mein Hexenbesen).
Je nach Wind braucht man eine Startstrecke von 30 bis 50 Meter. Mit dem Akku erreiche ich eine Flughöhe von bis 1’800 Meter.

Zu welchem Zeitpunkt wird der Motor abgestellt?

Etwa auf 200 bis 300 Meter über Grund. Wenn es schönen Aufwind (Thermik) hat, kann man stundenlang nur mit der Kraft der Aufwinde fliegen, – auch Distanzen von bis zu 500 Kilometern.

Wie mit einem Heissluftballon?

Heissluftballone sind mehr vom Wind abhängig und können nicht gleich gelenkt werden wie Flächenflugzeuge. Der Archaeopteryx wird wie ein Segelflugzeug gesteuert. Er fliegt etwa halb so schnell wie ein grösseres Segelflugzeug, was auch Vorteile mit sich bringt. Durch die niedrigere Geschwindigkeit kann näher am Gelände geflogen und die kleinen Aufwinde können genutzt werden.

Was meinen Sie, werden wir bald einmal mit Elektroflugzeugen in die Ferien fliegen?

Das ist noch Zukunftsmusik. Grosskonzerne investieren zurzeit astronomische Summen in der Forschung. Doch das Ziel ist schon, auch Passagierflugzeuge mit Elektro fliegen zu können.
Mit dem Archaeopteryx kann natürlich schon jetzt in die Ferien geflogen werden, halt nur alleine, was aber auch seinen Reiz hat.

In der Schweiz ist der Archaeopteryx das erste Flugzeug dieser Art, das in Serie produziert worden ist. Wie kam es dazu?

Das Flugzeug war schon der Traum meines Schwiegervaters. Er hat bereits in den 70er-Jahren versucht, einen fussstartbaren Segelflieger zu bauen. Die Materialien waren damals noch nicht so gut wie heute und diverse Dinge liessen sich auch noch nicht so gut berechnen.
Mein Mann Roger hat alle diese Flugversuche als kleines Kind miterlebt: Versuch – kaputtes Flugzeug – wieder zusammenflicken – wieder Versuch …

Als er an der ZHAW Maschinenbau im Leichtbau studierte beschäftigte er sich in einer Arbeit damit, ob das Starten des Segelflugzeuges ohne fremde Hilfe physikalisch überhaupt möglich ist. Seine Forschung war erfolgreich und so baute er den Prototyp des Archaeopteryx.

Sie sind eine flugbegeisterte Familie.

Ja. Ich habe schon als Kind vom Fliegen geträumt und mit 22 Jahren damit angefangen. Nun bin ich ein stolzer Teil einer Aviatik-Familie. Unser 15-jähriger Sohn verbringt schon  jetzt jede freie Minute in der Luft. Als Flugtalent wird er von einem Flug-Götti gesponsert.

Fotos: Ruppert Composite
Erstes Beitragsfoto: Alain Dubau

> Cornelia Ruppert, Ruppert Composite

Zehnmal um die Erde

Lea Degen ist ein Bewegungsmensch. Sie hat, unter anderem, am «Andes Trail» teilgenommen. Das ist das längste Velorennen der Welt. Zwischen dem Start in Quito (Ecuador) und dem Ziel in Ushuaia (Argentinien) liegen 11’000 Kilometer und 100’000 Höhenmeter. Für diese Biketour benötigte Lea Degen viereinhalb Monate. Von 25 Bikern gelang es nur zwei Sportler_innen, die ganze Strecke mit dem Bike zu fahren. Degen war eine davon.

Frau Degen, wenn Sie schätzen müssten, wie viele Kilometer haben Sie bisher mit dem Velo zurückgelegt?

Lea Degen: Ich fahre seit mittlerweile 35 Jahren täglich mit dem Velo zur Arbeit. Sissach-Basel: pro Weg 27 km oder Sissach – Olten: je 17 km und total 650 Höhenmeter. Da kommen im Monat rund 1’000 Kilometer zusammen. In 35 Jahren? Ich denke, da habe ich »all in all« sicher schon gegen 500’000 Kilometer in den Beinen. Das ist zehnmal um die Erde … Das Fahrrad ist mein wichtigster Begleiter.

Welche Radreisen waren, neben dem Andes Trail, besonders eindrücklich?

Das waren:
– An Indian Adventure im 2014 und
– Tutti Dolomiti im 2016

Was tun Sie in der Freizeit, wenn Sie gerade nicht Velo fahren oder arbeiten?

Im Sommer nehme ich an vielen Ultratrail-Running-Events in den Bergen teil und im Winter langlaufen wir im Goms. Hauptsache Bewegung an der frischen Luft.

> Webseite von Lea Degen

Eisbären und Pinguine

Sandra Walser (*1976) ist Historikerin und als Reiseguide, Referentin für Polargeschichte und Fotografin drei bis vier Monate pro Jahr in der Arktis sowie in der Antarktis unterwegs.

Frau Walser, immer wieder verlassen Sie Ihr Büro in der Schweiz, um in die Kälte zu reisen und ein paar Wochen Auge in Auge mit Eisbären und Pinguinen zu verbringen. Wie ist es dazu gekommen?

Sandra Walser: Karge, von Gletschern geprägte Landschaften berühren mich seit jeher tief. Mit dem berühmt-berüchtigten «Polarvirus» wurde ich 2004 infiziert, als ich mir mit einer Reise nach Island und Grönland einen Kindheitstraum erfüllte. Seit nunmehr neun Jahren arbeite ich saisonal als Guide in auf touristisch genutzten Expeditionsschiffen. Ein wichtiger Teil meiner Aufgaben ist die Wissensvermittlung. Beispielsweise halte ich populärwissenschaftliche Vorträge und unterstütze die Gäste auf Wanderungen oder Zodiac-Ausbootungen darin, die Landschaften möglichst nachhaltig und mit geschärften Sinnen zu entdecken. Geduld ist gefragt – aber plötzlich erkennt man im Gelände gut getarnte Tiere oder hört das vermeintlich starre Eis knirschen, ächzen und krachen. Auch lassen sich in den «eintönigen» Landschaften erstaunlich viele Farben entdecken!

Welche ist die grösste Herausforderung, die Ihre Tätigkeit mit sich bringt?

Viele denken jetzt wohl: Die Kälte! In der Tat ist meine Lieblings-Aussentemperatur etwa 23 Grad, aber zum Glück gibt es das Zwiebelschichtenprinzip … Zudem bereise ich die Arktis und die Antarktis jeweils im Sommer, und in dieser Zeit fallen die Temperaturen selten unter den Gefrierpunkt. Weitaus herausfordernder ist die Tatsache, dass ich eigentlich stets zwischen «Zivilisation» und «wilder Natur» pendle, zwischen «geregeltem Leben» und «Freiheit». Zwei so unterschiedliche Welten unter einen Hut zu bringen, ist nicht ganz einfach. Ich kämpfe nach der Rückkehr in die Schweiz immer ein bisschen mit einem Kulturschock, vor allem aber muss ich meine Pläne oft zigmal drehen und wenden, bis sie zusammenpassen, Ungewissheiten aushalten, Abstriche machen. In finanzieller und sozialer Hinsicht ist mein Lebensentwurf sicher alles andere als ideal, aber ich erlebe in den Polargebieten und mit den Menschen, die ich dort kennenlerne, viel «Unbezahlbares», das Mut macht, diesen Weg weiterzugehen.

Fotos:
Titelbild: Antarktische Halbinsel. Sandra Walser bringt mit einem Zodiac (vorne) Gäste an Land. Im Hintergrund liegt die MS Ocean Nova vor Anker. © Nicolas Danyau
Foto 2: Südgeorgien. Sandra Walser in einer Kolonie von Königspinguinen. © Page Chichester

> Website von Sandra Walser