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Eisbären und Pinguine

Sandra Walser (*1976) ist Historikerin und als Reiseguide, Referentin für Polargeschichte und Fotografin drei bis vier Monate pro Jahr in der Arktis sowie in der Antarktis unterwegs.

Frau Walser, immer wieder verlassen Sie Ihr Büro in der Schweiz, um in die Kälte zu reisen und ein paar Wochen Auge in Auge mit Eisbären und Pinguinen zu verbringen. Wie ist es dazu gekommen?

Sandra Walser: Karge, von Gletschern geprägte Landschaften berühren mich seit jeher tief. Mit dem berühmt-berüchtigten «Polarvirus» wurde ich 2004 infiziert, als ich mir mit einer Reise nach Island und Grönland einen Kindheitstraum erfüllte. Seit nunmehr neun Jahren arbeite ich saisonal als Guide in auf touristisch genutzten Expeditionsschiffen. Ein wichtiger Teil meiner Aufgaben ist die Wissensvermittlung. Beispielsweise halte ich populärwissenschaftliche Vorträge und unterstütze die Gäste auf Wanderungen oder Zodiac-Ausbootungen darin, die Landschaften möglichst nachhaltig und mit geschärften Sinnen zu entdecken. Geduld ist gefragt – aber plötzlich erkennt man im Gelände gut getarnte Tiere oder hört das vermeintlich starre Eis knirschen, ächzen und krachen. Auch lassen sich in den «eintönigen» Landschaften erstaunlich viele Farben entdecken!

Welche ist die grösste Herausforderung, die Ihre Tätigkeit mit sich bringt?

Viele denken jetzt wohl: Die Kälte! In der Tat ist meine Lieblings-Aussentemperatur etwa 23 Grad, aber zum Glück gibt es das Zwiebelschichtenprinzip … Zudem bereise ich die Arktis und die Antarktis jeweils im Sommer, und in dieser Zeit fallen die Temperaturen selten unter den Gefrierpunkt. Weitaus herausfordernder ist die Tatsache, dass ich eigentlich stets zwischen «Zivilisation» und «wilder Natur» pendle, zwischen «geregeltem Leben» und «Freiheit». Zwei so unterschiedliche Welten unter einen Hut zu bringen, ist nicht ganz einfach. Ich kämpfe nach der Rückkehr in die Schweiz immer ein bisschen mit einem Kulturschock, vor allem aber muss ich meine Pläne oft zigmal drehen und wenden, bis sie zusammenpassen, Ungewissheiten aushalten, Abstriche machen. In finanzieller und sozialer Hinsicht ist mein Lebensentwurf sicher alles andere als ideal, aber ich erlebe in den Polargebieten und mit den Menschen, die ich dort kennenlerne, viel «Unbezahlbares», das Mut macht, diesen Weg weiterzugehen.

Fotos:
Titelbild: Antarktische Halbinsel. Sandra Walser bringt mit einem Zodiac (vorne) Gäste an Land. Im Hintergrund liegt die MS Ocean Nova vor Anker. © Nicolas Danyau
Foto 2: Südgeorgien. Sandra Walser in einer Kolonie von Königspinguinen. © Page Chichester

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