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Frontalunterricht

Patti Basler Bühnenpoetin, Kabarettistin und Autorin, beschloss vor einigen Jahren, ihren Job als Lehrerin an den Nagel zu hängen, und von ihrer Wortkunst zu leben.

Frau Basler, war Ihr Entschluss, als Künstlerin tätig zu sein, finanziell gesehen, eine gute Entscheidung? Sind Sie inzwischen reich geworden? Oder gibt es bei Ihnen seit Jahren nur noch Porridge zum Frühstück?

Patti Basler: Ich habe natürlich nicht von einem Tag auf den anderen meinen Job gewechselt. Als risikobewusste Schweizerin entschloss ich mich erstmal für ein berufsbegleitendes Zweitstudium in Erziehungswissenschaften, Soziologie und Kriminologie. So war ich denn 22 Semester an der Uni Zürich eingeschrieben. Schon damals moderierte ich gelegentlich Anlässe, schrieb für Blogs und nahm an Slams teil. Allerdings eher als Hobby mit Spesenvergütung. Als ich dann erste Preise bekam und höhere Gagen verlangen konnte, wurde die Bühne auch wirtschaftlich interessant. Nach Abschluss des Zweit-Studiums nahm ich den Fuss von der Engagement-Bremse und hatte im Nu eine gefüllte Agenda. Da blieb gar keine Zeit mehr für einen Brotjob. Natürlich würde ich als Wissenschaftlerin mit einer Festanstellung und akademischen Karriere mehr und stetiger verdienen. Vor allem wäre ich besser abgesichert. Ich bin jedoch überzeugt, dass ich als Bühnenkünstlerin mehr Menschen erreiche als in der Lehrerin- oder Dozentin-Funktion. Und als Lehrerin habe ich weder Applaus noch unmoralische Angebote erhalten. Nur die Hassmails sind sich ähnlich geblieben.

Als Bildungsexpertin und ehemalige Lehrerin kennen Sie alle Abgründe, die aufklaffen können zwischen Schulstuben, Elterngesprächen, Zeugnissen und Lehrplan 21. Wenn Sie an der Schule etwas abschaffen könnten, was wäre das?

Auf jeden Fall die Hausaufgaben! Das ist nur eine stete Konflikt-Quelle für Familien und Schulen. Zudem sind Kinder mit bildungsfernen Eltern und ungünstiger heimischer Infrastruktur total benachteiligt. Viel sinnvoller wären Blockzeiten in der Schule mit betreuten Aufgaben- und Freiarbeits-Stunden. Das braucht aber Schulraum und bezahltes qualifiziertes Personal. Sprich: Es kostet. Bei der vorherrschenden Sparpolitik werden solche Lösungen leider sehr ungern berücksichtigt. Selbst wenn sich hier ausnahmsweise Wissenschaft, Lehrpersonen, Eltern und Schulkinder ziemlich einig sind. Nur die bürgerlichen Bildungs-Tot-Sparer sprechen lieber über einen Cervelat-Notstand an den Schulen. So kann man wunderbar Stellvertreter-Diskussionen führen, die nichts bringen, aber auch nichts kosten. Aber was Hänschen nicht lernt, kann man wohl auch einem Polit-Hanswurst nicht mehr beibringen.

Welche Frauen sollten unsere Leser_innen unbedingt kennen?

Wenn wir schon beim Thema Schule sind: Dagmar Rösler, die oberste Lehrerin der Schweiz. Sie hat die schwere Aufgabe, Lehrpersonen und ihre Anliegen in der Schweiz zu vertreten. Das braucht Intelligenz, Kraft und Verhandlungsgeschick. Geduld bringt Rösler.

Foto: www.visualmoment.ch | Tibor Nad

> www.pattibasler.ch
> Frontalunterricht, abendfüllendes Programm mit Patti Basler & Philippe Kuhn

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