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Die Rahmenbedingungen verändern

Prof. Dr. Iris Bohnet (*1966) ist Professorin für Verhaltensökonomie an der Harvard-Universität und dort Direktorin des Women and Public Policy Program. Das preisgekrönten Buch der Verhaltensökonomin und CS-Verwaltungsrätin hat eine revolutionären Botschaft.

What works – Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann

Die fünf besten amerikanischen Orchester hatten jahrzehntelang einen Frauenanteil von insgesamt 5 Prozent. Beim Vorspielen vor den männlichen Jurys fielen die Kandidatinnen regelmäßig durch. Offenbar sind Frauen die schlechteren Musiker. Oder doch nicht? Als eine der Jurys nicht mehr sehen konnte, ob ein Mann oder eine Frau spielte, stieg die Quote plötzlich dramatisch an. Alles, was es dazu brauchte, war ein Vorhang.
Bei der Einstellung, bei der Beförderung, beim Gehalt – überall werden Frauen massiv benachteiligt. Iris Bohnet zeigt in ihrem brillanten Buch What works, dass die Ursache dafür oft verzerrte Wahrnehmungen sind, die unsere Entscheidungen auch dann beeinflussen, wenn wir fest glauben, dass wir ganz objektiv sind. So wie die Jury überzeugt war, dass sie lediglich die musikalische Leistung bewertet. Die Antwort auf dieses Dilemma liegt nicht in der Anpassung der Frauen an männliche Verhaltensmuster oder im Appell an unsere Objektivität. Wir können unsere Wahrnehmung nicht überlisten. Aber wir können mehr Vorhänge aufhängen und die Spielregeln ändern. Das ist die revolutionäre Botschaft von What works.

Foto: ETH Zürich

Weiterführende Links:

> Prof. Dr. Iris Bohnet / Harvard University (engl.)
>
Buch «What works – Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann» / C.H.Beck -Verlag

Die Schülerin

Elisa (*2000), Gymnasiastin

Elisa ist für ihr Alter sehr politisch interessiert. Sie war an der eidg. Jugendsession in Bern, ist in der Schülerorganisation an der Kantonsschule und Klassensprecherin. Ausserdem liebt sie Bücher und Theater. Die Schülerin spielte bereits die Hauptrolle in einem Musical. Zurzeit spielt sie in zwei Theaterformationen mit.

Elisa, könntest du zaubern, wie würde die Schweiz der Zukunft aussehen?

Elisa: Anregende, aber auch komplexe Frage. Insbesondere wenn man bedenkt, dass jegliche Veränderungen ganz unerwartete Konsequenzen mit sich ziehen können. Wenn ich tatsächlich zum Zaubern fähig wäre, stünde ich vor einem Haufen brisanter Entscheidungen – eine perfekte Schweiz würde ich nicht zaubern wollen, aber ein gerechtes und offenes Land, das über den eigenen Tellerrand blickt. Ein Punkt wäre wohl die vollständige Abrüstung. Ein anderer die Umwelt- und Geldpolitik, die grundlegend verbessert und umgekrempelt würde durch meinen flotten Zauber. Genauso die Wirtschaftsordnung. Wegzaubern würde ich jegliche Hetze durch Feindbilder oder Populismus. Zur konkreten Umsetzung zöge ich mich mit einigen erfahrenen Studierten und Intellektuellen zurück um – meine aktuell eher karge Lebenserfahrung und Bildungsgrad in Erwägung ziehend – die existenziellen Massnahmen ihnen zu überlassen. In meiner persönlichen Utopie hätte jedenfalls Nachhaltigkeit, Weltfrieden und Gerechtigkeit erste Priorität.

Gibt es eine Frau / mehrere Frauen, die unsere Leser_innen kennen sollten?

Elisa: Etliche. Besonders abstrus finde ich den Unbekanntheitsgrad vieler Frauen, die fundamentale Beiträge zur Wissenschaft geleistet haben. So zum Beispiel Margaret Hamilton, die die Apollo-Flugsoftware entwickelt hatte. Eine andere Frau, die für mich einiges an Bedeutsamkeit trägt, ist die international renommierte Performance-Künstlerin Marina Abramović.

Weiterführende Links:

> Jugendsession
> SAJV – Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände
> Margaret Hamilton, Apollo Software Engineer – NASA (engl.)
> Marina Abramović – Wikipedia

Beste OL-Läuferin aller Zeiten

Simone Niggli (1978), ehemalige Schweizer Orientierungsläuferin

Simone Niggli hat als beste Orientierungsläuferin aller Zeiten 20 Jahre lang unfassbare Leistungen erbracht. Nun ist sie auch bezüglich ihrem Engagement für die Umwelt, die Jugend und die Öffentlichkeit ein absolutes Vorbild. Neben Familie (sie hat drei kleine Kinder) und ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten arbeitet die Ausnahmesportlerin in einem Café.

Frau Niggli, wie genau sieht ihr Engagement für Umwelt, Jugend und Öffentlichkeit aus. Und: Arbeiten Sie gerne im Café?

Simone Niggli: Vor allem versuche ich, umweltbewusstes Verhalten selber auch vorzuleben. Das beginnt schon bei unseren Kindern: Nutzung des öffentlichen Verkehrs, saisongerechtes Einkaufen, Ausschalten von unnötigem Licht in den Zimmern … Ich bin auch als Botschafterin bei BioVision im Einsatz, die sich für nachhaltige Entwicklung engagiert sowie bei Kovive und Right to play, die sich für Kinder in verschiedenen Bereichen einsetzt. Im Café arbeite ich sehr gerne, als spannende Abwechslung zum Alltag mit Familie und dem Sport. Das Café ist der Stiftung VIVA angeschlossen, welche geschützte Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung anbietet. Es ist sehr bereichernd die Betreuten zu begleiten und natürlich macht es auch Spass, feinen Kaffee zu servieren.

Weiterführende Links:

> Webseite von Simone Niggli
> Swiss Orienteering – Schweizer Orientierungslauf-Verband
> BioVision – Stiftung für ökologische Entwicklung
> Kovive – Hilft Kindern und Jugendlichen in der Schweiz
> Right to play – Internationale Entwicklungshilfeorganisation für Kinder, die von Krieg, Armut und Krankheit betroffen sind.
> VIVA Stiftung – Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für erwachsene, geistig- und mehrfachbehinderte Menschen

Frauen in den Bergen

Daniela Schwegler (*1970), Autorin, Texterin, Journalistin und Juristin

Daniela Schwegler liebt das Schreiben, das Unterwegssein, Leute zu interviewen und die Berge. Deshalb ist es naheliegend, dass sie Frauen in den Bergen porträtiert. Für die Interviews packt sie jeweils den Rucksack, zieht auf die Alp, die Berghütte oder den Bergbauernhof und fragt die Frauen dort Löcher in den Bauch über ihren Alltag und ihr Leben. Ihre Bergbücher über Älplerinnen, Hüttenwartinnen und Bergbäuerinnen haben Erfolg, zwei davon stürmten die Bestsellerlisten.

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Daniela Schwegler, Weshalb schreiben Sie über Frauen?

Daniela Schwegler: Ich bin selber eine Frau. Und, das tönt jetzt vielleicht ein bisschen kitschig, aber: Ich mag es, Frauen eine Plattform zu geben, sie sichtbar zu machen, und damit vielleicht andere Frauen, aber auch Männer, zu ermutigen, der Stimme ihres Herzens zu folgen. Es macht mir auch Freude, mit meinen Porträts die Schönheit eines vielleicht nicht so spektakulären Lebens wie das einer Schauspielerin, Politikerin oder einer Managerin in seiner Sinnhaftigkeit aufzuzeigen.

Welche Frau sollten unsere Leserinnen noch kennen?

Daniela Schwegler: Margrit Bigler-Eggenberger (*1933) war die erste Bundesrichterin der Schweiz. Sie wurde 1974 ganz knapp gewählt und war eine Vorkämpferin für Gerechtigkeit und für die Sache der Frauen. So setzte sie sich für den straffreien Schwangerschaftsabbruch ein. »Mörderin ins Bundesgericht« titelte darauf das CVP-Parteiblatt Ostschweiz. 30 Jahre später, 2002, wurde die Fristenregelung vom Volk angenommen.

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Links:

> Daniela Schwegler www.danielaschwegler.ch

> Margrit Bigler-Eggenberger  / FRI – Schweizerisches Institut
für feministische Rechtswissenschaft und Gender Law

Foto: Katharina Lütscher

Die Pilotin und die Insel

Esther Zwygart (*1970), Pilotin und Inselbesitzerin

Frauen mit Pilotenschein gibt es seit mehr als 100 Jahren – trotzdem liegt der Anteil der Pilotinnen erst bei rund fünf Prozent. Esther Zwygart ist eine von ihnen. Mit 17 lernte sie fliegen und seither hat der Flugvirus sie nicht mehr losgelassen. Die Pilotin, die seit einigen Jahren für die Lufthansa um die Welt fliegt, kam früher beim Blick aus dem Cockpitfenster regelmässig ins Schwärmen, wenn unter ihr kleine Inseln auftauchten. »Wenn ich einmal pensioniert bin, kaufe ich mir eine Insel …«, pflegte sie jeweils zu sagen.

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Frau Zwygart, einst ein unerreichbarer Traum, heute Wirklichkeit: die eigene Insel. Wie kam es dazu?

Esther Zwygart: Vor einigen Jahren machten mein Mann und ich mit unseren beiden Kindern Wohnmobil-Ferien in Kanada. Durch Zufall sahen wir eine Ausschreibung, wir verliebten uns sogleich in das Grundstück – und dann ging alles ganz schnell. Sozusagen über Nacht entschieden wir, die Insel zu kaufen. Unsere kanadischen Nachbarn im Fischerdorf am anderen Ende der Brücke wundern sich immer wieder, dass wir als Weitgereiste dieses Fleckchen Erde, ihr Zuhause, so sehr ins Herz geschlossen haben. Doch für uns gibt es keinen besseren Rückzugsort. Die Sommerferien auf der Insel sind unser Highlight des Jahres mit Boot fahren, Stand-up-Paddeln, Schwimmen, Fische und Krabben fangen und die unberührte Natur geniessen. Oft sehen wir dabei Seehunde, Delfine, Eichhörnchen oder Kolibris. Einmal haben wir sogar einen Bären gesehen. Unser Inselglück teilen wir gerne mit der Familie und unseren Freunden.

 

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GrossmütterRevolution

Heidi Witzig (*1944), Historikerin, Autorin, Mitbegründerin GrossmütterRevolution

Wer sind die Frauen der GrossmütterRevolution und was tun sie?

Heidi Witzig: Kern der GrossmütterRevolution sind alte Feministinnen, alte 68-erinnen. Praktisch alles Frauen mit sehr viel Erfahrung in der politischen Arbeit, die sich seit Jahrzehnten gesellschaftlich und politisch engagieren. Diese Frauen haben sich bereits während der Frauenbefreiungsbewegung (FBB) um Belange gekümmert, die sie als junge Frauen angingen. Nun engagieren wir uns für Frauen im Pensionierungsalter. Zum Beispiel um die Entwicklung von neuen Altersbildern. »Alt« beispielsweise ist in unserer Gesellschaft negativ bewertet, ein Zustand, der so gut wie möglich mit »noch möglichst jung« kaschiert werden soll. Wie wäre denn die Bezeichnung »Menschen im Herbst des Lebens«? So versuchen wir eigene positive Bilder zu entwickeln.
Wir kämpfen auch für ein Alter in Würde und soziale Absicherung für alle. Strukturelle Benachteiligung von Frauen in der Erwerbszeit rächt sich im Alter. Unterbezahlte Lohnarbeit, Gratisarbeit, Gender Gap: Das alles führt dazu, dass Frauen zu wenig Rente erhalten, für das, was sie geleistet haben und oft in extremer Armut landen.

Welche Frau sollten unsere Leserinnen kennen?

Heidi Witzig: Clara Ragaz (Schweizer Frauenrechtlerin und Friedensaktivistin, 1874 – 1957) war eine unheimlich inspirierende Frau, ich finde, sie sollte bekannter sein.

Foto: Ursula Häne

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Weiterführende Links:

> Heidi Witzig / Matronat GrossmütterRevolution
> GrossmütterRevolution
> Frauenbefreiungsbewegung (fbb) / Gosteli-Stiftung
> Clara Ragaz / Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann

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Astronautin

Lavinia Heisenberg (*1983), Theoretische Physikerin, Kosmologin und Astrophysikerin ist bekannt durch ihre bahnbrechende Gravitationsforschung. Die Physikerin spricht acht Sprachen, hat in zahlreichen Ländern an renommierten Universitäten gearbeitet und Weiterlesen

Die Chefärztin

Dr. Stephanie von Orelli (*1966), Chefärztin der Frauenklinik Triemli

Stephanie von Orelli ist eine der wenigen Frauen in der Schweiz, die als Chefärztin tätig ist. Die dreifache Mutter und Chefin von 36 ärztlichen Mitarbeitenden ermutigt Frauen, Karriere zu Weiterlesen

Unterwegs

Patrizia Prencipe (*1967), Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin

Frau Prencipe, sie haben Arbeitsstelle und Wohnung gekündigt und befinden sich nun auf einer Reise von unbestimmter Dauer. Wie kam es dazu?
Weiterlesen

100 Frauen

100 aussergewöhnliche Frauen in der Schweiz

Geplant sind 100 kurze Porträts und Interviews 
von bemerkenswerten Frauen, die in der Schweiz leben oder einen starken Bezug zur Schweiz haben. Stellungnahmen von heutigen Frauen, die in Politik, Sport, Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft eine wichtige Rolle spielen: junge oder alte, Akademikerin, Handwerkerin, Ausländerin, Schweizerin, Pilotin oder Seefahrerin. Frauen mit besonderen Lebensläufen. Texte, die Mut machen, den eigenen Weg konsequent zu gehen.

Über jede einzelne Frau könnte (mindestens) ein ganzes Buch geschrieben werden. Wir haben beschlossen, jeder Frau zwei Seiten zu widmen. Dieser Entscheid zwingt uns leider sehr vieles wegzulassen, was ungemein interessant und wissenswert ist.
Als Ergänzung sind unter jedem Beitrag weiterführende Links zu finden.

Dauer

Rund ein Jahr lang, zwei Texte pro Woche. Publiziert auf dieser Webseite und verbreitet via Social Media (Facebook, Twitter und Instagram).

Die Online-Publikation ist zeitgemäss, da sich viele Leser_innen vorwiegend via Smartphone und Tablet informieren.

Anmerkung: Mit der Bezeichnung »Frauen« sind alle mitgemeint, die sich als Frauen fühlen.

Projektleitung

Fatima Vidal
Autorin, Texterin, Journalistin

Foto: Johanna Bossart