Kathrin Puhan (*1974) ist Unternehmerin und Mutter einer achtjährigen Tochter.
Frau Puhan, Sie haben sich ein Jahr vor der Geburt Ihrer Tochter Ihren festen Job gekündigt, um sich selbstständig zu machen. Haben Sie diesen Schritt im Hinblick auf die Mutterschaft gemacht?
Kathrin Puhan: Ich habe mich im April 2009 selbstständig gemacht, unsere Tochter kam im Oktober 2010 auf die Welt. Nach über 10 Jahren in der Corporate Worldwählte ich den Schritt in die Selbstständigkeit sehr bewusst, da ich beruflich my waygehen wollte. Das heisst: Mir war es wichtig, mit Kundinnen und Kunden gemäss meinen Überzeugungen arbeiten zu können.
Ausserdem: Mein Partner und ich reisen sehr gerne und ich bin eine begeisterte Konferenz-Gängerin. Dank der Selbstständigkeit bin flexibel und «Herrin meiner Zeit».
Der Aufbau meiner Firma, der Kontakt zu den Kunden und die Mutterschaft fielen zeitlich zusammen. Diese Zeit habe ich als sehr reich und spannend empfunden.
Für junge Mütter ist die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienleben oft ein Hürdenlauf. War oder ist das bei Ihnen auch der Fall?
Nach der Geburt habe ich mir eine dreimonatige Auszeit genommen, um zu sehen, wie das neue Leben mit dem Baby funktioniert. Mein Mann hat während dieser Zeit meinen Lohnausfall gedeckt. Die Betreuungsarbeiten haben wir sehr gut aufteilen können: Nachts hat er unserer Tochter die Flasche gegeben und ich konnte weiterschlafen. Tagsüber war ich dann dran und den Abend haben wir meist zusammen übernommen.
Den ersten Workshop leitete ich bereits sechs Wochen nach der Geburt und das war super! Nach zehn Wochen ging unserer Tochter für zwei volle Tage in die Kita, nach einem Jahr vier Tage. Das hat alles prima geklappt. Donnerstags kam jeweils ein Babysitter, damit mein Mann und ich ins Restaurant oder ins Kino gehen konnten. Bis heute funktionieren wir so. Unser Rezept heisst partnerschaftliches Modell oder Teamansatz, mit Terminkoordinierungen, Bedürfnisabklärungen und gemeinsamer Zeit.
Wie sähe Kinderbetreuung in einer idealen Welt aus?
Das kann sehr unterschiedlich sein. Zuerst einmal müssten sich die Eltern ihrer Bedürfnisse bewusst werden, um dann entscheiden zu können, was für sie das beste Modell ist.
Meine Vision für die Schweiz: Das Angebot für die Betreuung von null Jahren bis zum Kindergarteneintritt ist bezahlbar, steuerabzugsberechtigt, freiwillig und von hoher Qualität.
In Zürich-Albisrieden wird bald der schweizweit erste Coworking Space mit Kids Space eröffnet. Mein Mann und ich sind Lead Investors. Wir unterstützen nun ein Angebot, dass ich vor acht Jahren vermisst habe. Die vier Gründerinnen sind übrigens Mütter. Sie werden ihre Kinder im Kids Space betreuen lassen.
Und die ideale Erwerbsarbeit?
Flexibel und ortsunabhängig. Das ist heute bereits möglich. Wir haben die Infrastruktur, die Technologie und das Wissen. Als Selbstständige arbeite ich seit 10 Jahren nach diesem Prinzip.
Früher habe ich mich in einem Büro eingemietet, heute stehen mir zahlreiche Coworking Spaces zur Verfügung, wo ich arbeiten und meine Sitzungen abhalten kann. Mich um acht Uhr in eine S-Bahn zu quetschen, das gibt es bei mir nicht mehr.
Ich finde es schlimm, dass sich so viele Menschen jeweils zum gleichen Zeitpunkt ins Büro oder nach Hause bewegen müssen. Meist stecken sie im Stau oder im überfüllten Zug. Mehr Rollmaterial oder Strassen helfen da nichts.
Sondern?
Einzig das Mindset kann hier Abhilfe schaffen. Das Verhalten der Leute.
Initiativen, wie zum Beispiel Work Smart, für flexible Arbeitsmodelle, zeigen konkret auf, wie der neue Weg aussehen kann. Auch ich musste lernen, dass Veränderungen langsam entstehen. Mit dem Brecheisen lässt sich da nichts bewerkstelligen.
Welche Frauen sollten unsere Leserinnen und Leser kennen?
Maria Montessori, Reformpädagogin
Melinda Gates, Philantrophin
Eileen Gray, Designerin
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