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Dirigentin

Lena-Lisa Wüstendörfer (*1983), Dirigentin und Musikwissenschaftlerin, wusste schon als Kind, dass sich ihr Leben um Musik drehen sollte. Heute ist sie international als Dirigentin gefragt.

Frau Wüstendörfer, Dirigent_innen geben an einem Konzert den Takt an, was gehört ausserdem zu Ihren Aufgaben?

Lena-Lisa Wüstendörfer: Als Dirigentin drücke ich mich mit Gesten aus, die von Orchester, Chor und Solisten ohne Worte verstanden werden. Durch meine Gestik lenke ich das Tempo, die Dynamik oder den Klang. Neben der Koordination des Orchesters bin ich als Dirigentin vor allem für die Interpretation der Musik zuständig: Ich erwecke gemeinsam mit dem Orchester das Stück zum Leben, das der Komponist in seiner Partitur festgeschrieben hat. In einer Partitur sind aber nie alle Parameter absolut definiert. Diesen Spielraum gestalte ich aus – etwa so, wie die Regisseurin in einem Theaterstück diejenigen Aspekte definiert, die der Autor nicht eindeutig vorgegeben hat. Ich habe aber auch noch Aufgaben ausserhalb der Proben und Konzerte. Diese sind je nach Projektphase verschieden: Neben der eigenen Vorbereitung auf ein Stück, die in der Analyse und Verinnerlichung der Partitur besteht, gehört etwa auch das Erstellen von Probenplänen zu meinen Aufgaben. Ich plane was wann genau geprobt wird, um so den Probenprozess möglichst effizient zu gestalten. Hinzu kommen Reisen zu verschiedenen Gastauftritten oder Gespräche mit Solistinnen und Konzertveranstaltern.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf am meisten?

Musik ist meine Leidenschaft und ich liebe das gemeinsame Musizieren mit einem Orchester. Wenn es einem gelingt, die volle Konzentration des Orchesters in einem musikalischen Gedanken zu vereinen, so dass alle dieses Stück gemeinsam erleben, dann können im Konzert sehr berührende Momente entstehen. Am eindrücklichsten ist es, wenn das Publikum ebenso voll in die Emotion des Stücks eintaucht und alle im Konzertsaal in die Musik vertieft sind.

Was war bisher Ihr berufliches Highlight? Und was möchten Sie noch erreichen?

Highlights sind für mich Momente im Konzert, in denen alle Zahnräder im Orchester ganz natürlich ineinandergreifen und ich merke, dass der Funke zum Publikum springt. Das sind dann so Sternstunden: Man kann sie nicht forcieren, aber wenn sie da sind, verbindet die Musik alle im Saal. Ein gemeinsames Gefühl entsteht.
Auf meiner Bucket List stehen noch einige Werke, die ich unbedingt einmal aufführen möchte. Dazu gehört zum Beispiel Beethovens «Fidelio» – eine meiner Lieblingsopern. Und ich möchte Mahlers 8. Sinfonie dirigieren: Ein verrücktes Werk. Es braucht dazu Unmengen von Menschen. Die Sinfonie trägt darum auch den Übertitel: die Sinfonie der Tausend. Neben einem grossbesetzten Orchester singen ein riesiger Chor, ein Kinderchor und mehrere Solisten. Gustav Mahler hat die sinfonische Form damit wirklich an ihre Grenzen getrieben.

Fotos:  Yves Bachmann

> www.wuestendoerfer.com