2019

Aus der Geschichte getilgt

Anita Fetz (*1957), Historikerin und selbstständige Unternehmensberaterin ist Ständerätin des Kantons Basel-Stadt. Sie engagiert sich seit Jahrzehnten für die Gleichstellung der Geschlechter. Mit ihrer Firma femmedia ChangeAssist berät sie seit über 30 Jahren Firmen im Bereich Gleichberechtigung und sie hat viele Nachwuchsförderprogramme für Frauen entwickelt.

Frau Fetz, in Ihrem Buch my baasel – Neun Streifzüge durch Basel für Frauen zeigen Sie, was Frauen in Basel alles hervorgebracht haben. Was hat Sie zu diesem Buch inspiriert?

Anita Fetz: Ich finde es wichtig auf lockere Art aufzuzeigen, wie Frauen durch alle Jahrhunderte und in allen gesellschaftlichen Bereichen die Stadt am Rheinknie entscheidend mitgeprägt haben. Leider sind sie oft einfach aus der Geschichte getilgt und vergessen worden. Mit meinem Buch sind sie wieder da und sollen Frauen zeigen, dass sie nicht nur eine Diskriminierungsgeschichte, sondern auch eine Gestaltungsgeschichte haben.

Feminismus war für Sie ein Thema, als in der Öffentlichkeit noch fast niemand darüber sprach. Was war Ihre Motivation?

Ich war Aktivistin der sogenannten Neuen Frauenbewegung der 70er-90er Jahre und habe mir damals geschworen mitzuhelfen, dass die Gleichberechtigung in der Schweiz durchgesetzt ist. Ich hätte damals nicht gedacht, dass das so lange geht. Um etwas zu verändern braucht frau Marathonfähigkeiten.

Nach wie vor arbeiten viele Frauen ehrenamtlich und stehen nach einer Scheidung oder im Alter mittellos da, wie könnte das geändert werden?

Frauen sollten auf keinen Fall aufhören erwerbstätig zu sein – auch mit Kindern. Mindestens in den Städten gibt es heute gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Falls sie trotzdem eine Weile aussetzen wegen der Kinder, dann wäre es wichtig, auf jeden Fall das gemeinsame Einkommen auf zwei Konten zu überweisen (oder wollen sie bei ihren Mann um Geld betteln müssen, falls es mal Konflikte gibt?). Beim Geld geht es nicht um Romantik, sondern nur pragmatisch-praktische Lösungen. Bei einer Scheidung ist eine gute Anwältin entscheidend, die dafür sorgt, dass das gemeinsame Geld inklusive Rente korrekt geteilt wird. Ich staune immer wieder, wie naiv Frauen mit ihrer finanziellen Absicherung umgehen, obwohl fast jede zweite Ehe geschieden wird.

Wie wäre Ihr Leben verlaufen, wenn Sie ein Mann wären? Wie wäre Ihr heutiger Alltag?

Das weiss ich nicht. Ich hatte das Glück als Mädchen in eine Zeit des Aufbruchs hineingeboren zu werden, in der frau viel erreichen konnte, je nach Ausbildung und Biss.

Ist 2019 das Jahr der Frauen?

Das hoff ich doch!

Welche feministische Autor_innen sollten unsere Leser_innen kennen? 

  • Olympe de Gouches, Verfasserin der Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin (1791)
  • Iris von Roten: Frauen im Laufgitter (1958)
  • Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht (1949)
  • Betty Friedan: Der Weiblichkeitswahn (1963)
  • Judith Butler: Das Unbehagen der Geschlechter (1990)
  • Laurie Penny: Fleischmarkt. Weibliche Körper im Kapitalismus (2011)
  • und weitere mehr

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